«Die A13 wird monatelang betriebsunfähig sein»
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Nach Erdrutsch im Misox:«Die A13 wird monatelang betriebsunfähig sein»

Nach verheerendem Unwetter
Auf der Nord-Süd-Achse droht der Verkehrskollaps

In Graubünden wurden vier Personen verschüttet und Teile der wichtigen Nord-Süd-Achse A 13 zerstört. Politiker fordern eine Verkehrsumleitung an der Grenze – und der Präsident des Lastwagenverbands warnt vor einem Versorgungsengpass in der Ostschweiz.
Publiziert: 23.06.2024 um 00:04 Uhr
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Aktualisiert: 23.06.2024 um 09:34 Uhr
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Die Autobahn ist weg: Teile der A 13 wurden durch einen Hangrutsch zerstört.
Foto: keystone-sda.ch

Bange Momente für die Einwohnerinnen und Einwohner im Bündner Südtal Misox. Am Freitagabend lösten massive Niederschläge einen Erdrutsch aus. «Neben unserem Haus kam ein Murgang herunter», erzählt Urs Kümin (74). Er und seine Frau kamen mit dem Schrecken davon, konnten vor der Flut flüchten. Schlimm hat es drei Häuser in Sorte, einem Ortsteil der Gemeinde Lostallo, getroffen, die von einem Schuttkegel zerstört wurden. Vier Personen wurden als vermisst gemeldet, eine Frau konnte am frühen Samstagmorgen gerettet werden.

Der Verschütteten war es gelungen, die Rettungskräfte zu kontaktieren, die dadurch ihren Standort lokalisieren konnten. Ein Paar und eine ältere Frau wurden am Samstagabend nach wie vor vermisst. Bei den Vermissten handelt es sich gemäss William Kloter, Einsatzleiter der Bündner Kantonspolizei, um Bewohner des Dorfs. «Das macht es besonders tragisch, man kennt die Leute, das trifft einen natürlich sehr.»

«Monatelang betriebsunfähig»

Zerstört wurden nördlich von Lostallo durch einen Hangrutsch auch Teile der Autobahn A 13. Die Nationalstrasse wurde von der Naturgewalt auf einer Länge von 200 Metern richtiggehend weggefegt. Die Autobahn wurde zwischen Thusis GR und Bellinzona TI gesperrt.

Bis die Autobahn bei Lostallo wieder passierbar ist, wird es dauern: Laut der Kantonspolizei Graubünden dürfte die A 13 aufgrund von Reparaturarbeiten noch «monatelang» betriebsunfähig bleiben. Mit einschneidenden Folgen: Die A 13 ist nach der A 2 die zweitwichtigste Nord-Süd-Verbindung der Schweiz. Vor allem in der Ferienzeit wird die San-Bernardino-Route jeweils als Ausweichroute empfohlen, wenn sich vor dem Gotthard die Blechlawine staut. Am Samstag zog sich der Stau vor dem Gotthard bereits über zwölf Kilometer, wegen des Ausweichverkehrs und eines Unfalls. Bleibt die A 13 während der Sommerferien gesperrt, spitzt sich die Situation auf der A 2 nochmals zu.

Simon Stadler (36), Mitte-Nationalrat aus dem Kanton Uri, ist alarmiert: «Einen Kollaps am Gotthard darf es nicht geben», sagt er. Der Bund sei nun gefordert, Massnahmen einzuleiten, die ein Verkehrschaos im Kanton Uri verhindern. «Das Bundesamt für Strassen (Astra) muss klären, ob eine grossräumige Umfahrung bereits ab der Landesgrenze temporär eingeführt werden muss», sagt Stadler.

Burkart befürchtet «Versorgungsengpass»

Von der Sperrung der San-Bernardino-Route besonders betroffen ist auch der Güterverkehr. Über die A 13 führen 14 Prozent aller Transitfahrten pro Jahr, was rund 127'000 Fahrten pro Jahr oder 350 Lastwagen pro Tag entspricht. Der Aargauer FDP-Ständerat und Parteichef Thierry Burkart (48) ist Zentralpräsident des Schweizer Nutzfahrzeugverbands Astag. «Ich befürchte einen Versorgungsengpass der Ostschweiz», sagt er. Was es jetzt brauche, um diese Situation aufzufangen, sei «ein gutes Verkehrsmanagement» vom Astra. «Die Nord-Süd-Achse ist ohnehin schon sehr eng. Das wird sich erheblich verschärfen.»

Wie lange die Nord-Süd-Verbindung am San Bernardino tatsächlich nicht befahrbar sein wird, ist gemäss dem Astra derzeit unklar. Die SBB wollen in den nächsten Tagen jedenfalls prüfen, ob wegen der schweren Unwetterschäden Ferienreisende auf die Bahn ausweichen – und ob auf die Sommerferien hin der Bahnverkehr am Gotthard verstärkt werden muss.

Zurück in Lostallo. Bei der Suche nach den drei vermissten Personen kamen am Samstag schweres Gerät, Drohnen, Helikopter und Suchhunde zum Einsatz. «Es ist nicht einfach, es sind unglaubliche Stein- und Schlammmengen im Weg, die wir abtragen müssen», betonte Kapo-Einsatzleiter Kloter. Mehrere Dörfer im Tal wurden von der Aussenwelt und der Stromversorgung abgeschnitten und mussten via Helikopter versorgt werden. 230 Personen wurden evakuiert und in einer Halle in Lostallo untergebracht.

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