Auf einen Blick
- Kantone erhalten 660 Millionen Franken aus Lotterien
- Reserven in Lotteriefonds betragen rund 1,25 Milliarden Franken
- Von über 27'700 bewilligten Gesuchen wurden lediglich 7 als nicht rechtskonform ausgewiesen
In Zeiten klammer Finanzen ist das eine eher ungewöhnliche Aufgabe: Vorhaben zu finden, die man mit Geld unterstützen kann. Aus dem Reingewinn von Lotterien und Sportwetten – den Summen also, die nicht an die glücklichen Besitzer von Gewinnlosen ausgezahlt oder für den Betrieb der Lotterien gebraucht werden – erhielten die Kantone im vergangenen Jahr nämlich mehr als 660 Millionen Franken, um gemeinnützige Projekte zu unterstützen. 2023 bewilligten die zuständigen Stellen Ausgaben von gut 610 Millionen, um sportliche, kulturelle und soziale Aktivitäten zu fördern.
Das heisst, die Reserven in den Lotteriefonds der Kantone wuchsen im vergangenen Jahr um mehr als 50 Millionen an. Insgesamt betrugen die Rücklagen Ende 2023 rund 1,25 Milliarden Franken. So steht es im neusten Bericht zur Verwendung der Lotteriegelder, den die Interkantonale Geldspielaufsicht (Gespa) in den letzten Tagen veröffentlichte. Auch wenn Gesuchstellern bereits ein Teil dieser Reserven zugesichert worden ist, blieben Hunderte von Millionen ungenutzt. Es gebe keine gesetzlichen Vorschriften, in welchem Zeitraum die für gemeinnützige Aufgaben zweckgebunden Mittel eingesetzt werden müssten und wie hoch die Reserven sein dürfen, die in einem Lotteriefonds angesammelt werden dürfen, argumentiert der stellvertretende Gespa-Direktor Patrik Eichenberger.
Weitläufige Interpretation
Wofür Lottogelder im Einzelnen verwendet werden dürfen und was genau unter «gemeinnützig» zu verstehen ist, wird von den Kantonen grosszügig interpretiert. Kritik an dieser finanziellen Spezialförderung ist aber selten, denn zahllose Organisationen aus vielen Sparten profitieren davon. Und die Kantone freut, dass sie auf diese Weise ihre Staatskassen entlasten können: Die Spielfreude der Schweizerinnen und Schweizer hat viele Gewinner.
Zulässig ist so manches; der Lausanner Staatsrechtler Etienne Grisel sieht die Lotteriefonds sogar als «eine Art legale schwarze Kassen». Nur Einzelfälle geben hie und da zu reden. Zuletzt etwa, als die «Luzerner Zeitung» publik machte, dass die Hotelfachschule Luzern Millionen an Lottogeldern erhält – für ein Bauprojekt. Die Gelder flossen aus einem von nicht weniger als 16 Fonds, die Luzern für die Verwaltung der Zuschüsse aus Lotterien und Sportwetten unterhält. Die dezentrale Verteilung der Beiträge durch die Fachdepartemente habe sich bewährt, sagt eine Sprecherin. Eine Reduktion der Fonds sei jedoch in Prüfung und werde teilweise bereits umgesetzt. Die meisten anderen Kantone kommen mit zwei Töpfen aus.
Im Frühjahr sorgten andere Fälle für Verwunderung. Die «SonntagsZeitung» berichtete über Swisslos-Beiträge für die Restaurierung einer denkmalgeschützten Villa des Unternehmers Peter Spuhler im Thurgau. Und in Nidwalden hatten die Bürgenstock-Hotels Lotteriegeld erhalten: für die Sanierung ebenfalls geschützter Gebäude.
Lotterien
Beanstandungen haben Seltenheitswert
Die Restaurierung von Baudenkmälern gilt offenbar als gemeinnützig, aber auch der Gastauftritt des Kantons Schwyz am Zürcher Sechseläuten. Dafür wurden 2023 gut 350'000 Franken aus dem Lotteriefonds investiert.
Bereits vor Jahren hatte der Bau einer neuen Kaserne für die Schweizergarde in Rom zu reden gegeben, der mit Millionen aus dem Lotteriefonds unterstützt worden war.
Der Spielraum ist gross: Von professionellen Orchestern über Fasnachtsgesellschaften bis hin zu Sportvereinen oder einzelnen Athleten kommen schweizweit viele Nutzniesser in den Genuss von Lotteriegeldern. Interventionen der Aufsicht sind äusserst selten. Die Gespa weist in ihrem Bericht für 2023 lediglich sieben von mehr als 27'700 bewilligten Gesuchen als nicht rechtskonform aus. Teilweise wurden diese Zahlungen rückgängig gemacht.
Zu Korrekturen kommt es selten
Wie Nachfragen in den Kantonen zeigen, sind die beanstandeten Fälle sehr unterschiedlich. Glarus machte beispielsweise eine Zahlung von 3000 Franken rückgängig, weil – so ein Sprecher – die Untergruppe einer aus dem Sozialfonds begünstigten Organisation betrügerisch aktiv gewesen sei.
Im Kanton Uri stufte die Finanzkontrolle die Unterstützung eines ausserkantonalen Wirtschaftsforums aus dem Lotteriefonds als fehlerhaft ein. Laut einem Sprecher ging es um 2000 Franken.
Der Kanton Zug wiederum zahlte aus dem Lotteriefonds über Jahre hinweg Beiträge an eine Kinderkrippe. Die mehr als 160'000 Franken hätten aus kantonalen Mitteln bezahlt werden müssen, nicht aus dem Lotteriefonds. Diese Praxis sei 2023 korrigiert und der Betrag umgebucht worden, hält die zuständige Direktion fest.
Die Finanzkontrolle des Kantons Bern stufte ein Digitalisierungsprojekt für Museen und Archive nachträglich als öffentliche Aufgabe ein. Das Vorhaben, das mit anderen Kantonen lanciert worden war, hätte nicht aus Lotteriegeldern, sondern aus dem ordentlichen Budget bestritten werden müssen. Deshalb sei in diesem Fall die Verbuchung korrigiert worden, heisst es aus der zuständigen Direktion.