Hafterleichterungen für das «Monster von Amstetten»
Fritzl-Entscheid wäre auch in der Schweiz möglich

Er vergewaltigte seine Tochter über Jahre und zeugte mit ihr sieben Kinder. Trotzdem kann sich der Österreicher Josef Fritzl Hoffnungen auf ein Leben in Freiheit machen. Die ehemalige Richterin Marianne Heer erklärt, wie der Fall in der Schweiz gehandhabt worden wäre.
Publiziert: 25.01.2024 um 16:49 Uhr
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Aktualisiert: 26.01.2024 um 05:55 Uhr
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Ein Gericht hat entschieden: Josef Fritzl wird aus einer Einrichtung für psychisch gestörte Täter in eine normale Haftanstalt verlegt.
Foto: keystone-sda.ch
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Marian NadlerRedaktor News

Journalisten aus aller Welt versammelten sich am Donnerstag vor dem Landgericht Krems in Niederösterreich. Der Grund: Ein-Drei-Richter-Senat entschied über die Zukunft von Inzest-Täter Josef Fritzl. Jahrzehntelang hat er seine Tochter in einem Kellerverlies gefangen gehalten, sie immer wieder missbraucht und mit ihr sieben Kinder gezeugt.

Nach weniger als einer halben Stunde war klar: Fritzl wird aus einer Justizanstalt in eine normale Zelle verlegt. Das «Monster von Amstetten» bleibt zwar in Haft, kann sich aber laut österreichischen Medien weiterhin Hoffnung auf eine spätere Freilassung machen.

Der schnelle Beschluss vom Donnerstag sollte nicht über die Komplexität der Entscheidung hinwegtäuschen, weiss Marianne Heer (68). Blick hat die ehemalige Richterin, die als Koryphäe im Massnahmenrecht gilt, gefragt, wie der Fall in der Schweiz gehandhabt worden wäre. Sie macht deutlich: «Auch in der Schweiz können die Massnahmen aufgehoben werden.» Bei lebenslänglichen Freiheitsstrafen ist eine bedingte Entlassung nach 15, in seltenen Fällen auch bereits nach 10 Jahren, möglich.

Fritzl in Freiheit? In der Schweiz wäre das durchaus denkbar. «Wir haben in der schweizerischen Gesellschaft die rechtliche Situation, dass Menschen wie Josef Fritzl in Freiheit entlassen werden können», erklärt Heer.

Heer: Wohnheim beste Lösung für Fritzl

Sie kann die Entscheidung nachvollziehen. Eine Rückfallgefahr schliesst sie beim schwer dementen Fritzl aus. Auch das hohe Alter des Österreichers sei ein wichtiger Faktor. «Der Sexualtrieb nimmt in diesem hohen Alter in sehr vielen Fällen ab», erläutert die Juristin.

«Der Entscheid stützt sich auf eine vielschichtige Risikoanalyse für die Zukunft des Täters», so Heer. Eine entscheidende Rolle spielen dabei die Gutachter. «Die psychiatrischen Sachverständigen müssen die Grundlagen für die Entlassung liefern», erklärt sie. Die Gutachter betrachteten dabei auch den Therapieverlauf und stellen sich die Frage, ob Erfolge erzielt wurden und wie das Verhalten im Vollzug gewesen ist. Bedeutet: Die Vergangenheit kann mitentscheidend für die Zukunft der Täter sein.

Als weiteren Risikofaktor müssen die Richter den sogenannten sozialen Empfangsraum betrachten. Die entscheidende Frage ist dabei laut Heer: «In welche Situation kommt der Täter, wenn er herauskommt?» Für sie steht fest: «Leute, wie Josef Fritzl, in hohem Alter und demenzkrank, sind nicht mehr in der Lage, in der Gesellschaft Fuss zu fassen. Er hat praktisch keine sozialen Kontakte mehr.» Das Beste sei es, ihn in ein Wohnheim für Menschen mit spezifischen Bedürfnissen zu bringen. 

Die Schweiz habe ein ähnliches Rechtssystem wie Österreich. Einen Unterschied gibt es jedoch: «Sexualstraftäter haben in der Schweiz keine gesonderte Unterbringung. Sie kommen wie alle anderen Straftäter in die Justizvollzugsanstalt oder in ein Massnahmenzentrum.» Die Betreuung gerade von älteren Sexualstraftätern wird dabei zur Herausforderung. «Die Insassen sind immer länger inhaftiert und werden immer älter», schildert Heer ihre Erfahrungen. Die Situation für alte Menschen sei in Schweizer Gefängnissen nicht immer menschenwürdig.

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