Der Mann sei mit einer Axt bewaffnet auf Fans und Beamte losgegangen, berichtete die «Bild». Die Hamburger Polizei bestätigt den «grösseren Polizeieinsatz» um etwa 12.30 Uhr auf dem Kurznachrichtendienst X. Der Mann sei in der Silbersackstrasse aus einem Lokal gekommen.
«Nach ersten Erkenntnissen hat die Person Polizeikräfte mit einer Spitzhacke und einem Brandsatz bedroht.» Sie hätten ihn aufgefordert, den Molotowcocktail hinzulegen, erklärte ein Sprecher. Doch der Mann hatte kein Interesse daran, die Bedrohungssituation zu deeskalieren – im Gegenteil: Er baute sie gemäss Polizei weiter auf. Konkret: «Er hat die Spitzhacke weggelegt und hat dann versucht, den Molotowcocktail auch anzuzünden.» Die Einsatzkräfte setzten in der Folge ihre Schusswaffe ein. Später hiess es in einer Medienmitteilung, der Mann sei mit einem Schieferhammer bewaffnet gewesen.
Auf Videoaufnahmen, die in sozialen Medien kursieren, ist zu sehen, wie der Mann mehrere Menschen bedroht. Vor mehreren Polizisten versucht er, eine Absperrung zu besteigen. «Schiesst doch», ruft er den Einsatzkräften zu. Danach rennt der Mann auf andere Menschen zu, versucht, den Molotowcocktail zu entzünden. Beamte setzen zunächst Pfefferspray ein. Auch das stoppt ihn nicht. Schliesslich fallen mehrere Schüsse. Der Mann sinkt zu Boden.
Kein Bezug zur Fussball-EM
Ein Fussball-Korrespondent der «New York Times» berichtet auf dem Kurznachrichtendienst von vier Schüssen. Der Angreifer wurde gemäss Polizei am Bein verletzt und wird aktuell medizinisch versorgt.
Kurz zuvor gab es in St. Pauli wegen des EM-Spiels Niederlande gegen Polen einen Marsch von etwa 40'000 erwarteten niederländischen Fans. Dieser sei aber während des Vorfalls bereits vorbei gewesen. «Nach derzeitigen Erkenntnissen ist da kein Fussballbezug», sagte der Sprecher.
Was könnte das Motiv gewesen sein?
Dennoch sind während des Vorfalls noch einige niederländische Fans in unmittelbarer Nähe zum Tatort. Wie auf dem Video zu hören ist, erhalten sie über Lautsprecher auf Niederländisch durchgesagte Anweisungen der Polizei, die wegen des Fanfestes von niederländischen Kollegen unterstützt wurden. Laut Polizei beteiligten sich an dem Fanmarsch letztlich etwa 13'000 Menschen. Erwartet wurden waren in der Hansestadt auch rund 20'000 polnische Anhänger.
Wenige Stunden nach dem Vorfall in der Silbersackstrasse sind etlichen Fragen unbeantwortet. Unklar ist vor allem, welches Motiv den Täter antrieb. Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur handelt es sich um einen 39 Jahre alten Deutschen. Er wurde durch die Schüsse der Beamten verletzt und anschliessend medizinisch versorgt. Der Grad der Verletzungen war zunächst unklar. Der Mann wurde in ein Spital eingeliefert.
Spurensicherung vor Ort
Fest steht: «Polizisten oder unbeteiligte Dritte wurden nicht verletzt», sagte ein Polizeisprecher. Möglicherweise habe er in einem psychischen Ausnahmezustand gehandelt, schrieb die Polizei in einer Medienmitteilung am Sonntagabend.
Wie Hamburgs Oberstaatsanwältin Liddy Oechtering der Deutschen Presse-Agentur am Montag mitteilte, ist davon auszugehen, dass der Hammer-Angreifer während der Tat vermindert schuldfähig oder komplett schuldunfähig war. Hintergrund ist wohl eine psychische Erkrankung. Ein Haftrichter hat für den Mann einen Unterbringungsbefehl für ein psychiatrisches Spital erlassen. Zu Tatvorwurf und Motiv schweigt er. Ermittelt werde wegen des Verdachts des versuchten Totschlags und wegen eines Verstoßes gegen das Waffengesetz.
Der Tatort selbst war am Sonntagnachmittag von der Polizei mit Gittern weiträumig abgesperrt, auch ein Teil der Reeperbahn war davon betroffen, wie ein dpa-Fotoreporter beobachtete. Polizisten sicherten Spuren. Auf der Strasse lag neben einer zerbrochenen Flasche auch ein schwarzer Rucksack. Ein Polizeisprecher sagte: «Alles Weitere ist derzeit Gegenstand der Ermittlungen.»
Das Landeskriminalamt habe die Ermittlungen übernommen. «Im Hinblick auf den Schusswaffengebrauch durch die Einsatzkräfte übernahm, wie in solchen Fällen üblich, das Dezernat Interne Ermittlungen der Innenbehörde die Überprüfungen», hiess es.