Das Bündner Fotografieunternehmen Bara-Pictures will an der Hochzeit des lesbischen Pärchens Rebecca (25) und Chiara (28) Wüest aus Mels SG nicht fotografieren. Man begleitet ausdrücklich nur heterosexuelle Paare, begründet der Fotograf das schriftlich. Er schreibt, dass es viele intime Momente gäbe, die sie mit ihren Kameras nicht festhalten wollen. Das Pärchen fühlt sich diskriminiert – und machte den Vorfall im Blick publik.
Der Artikel löste Empörung aus. Blick erhielt Hunderte Mitteilungen. Ein gutes Dutzend Fotografinnen und Fotografen bieten den beiden Frauen an, die gleichgeschlechtliche Hochzeit festzuhalten. Viele halten die Absage der Fotografen für diskriminierend und illegal.
Anzeige hat gute Chancen
Diese Ansicht teilt auch Rechtsanwältin Nadja Herz (59), Co-Präsidentin der Lesbenorganisation Schweiz. Einen gewissen Interpretationsspielraum sieht die Rechtsexpertin aber: «Es ist eine sehr junge Strafnorm, es gibt noch kaum Rechtsprechung zum Thema Leistungsverweigerung wegen sexueller Orientierung», sagt sie. Aber sie kann dem Paar trotzdem Hoffnung machen: «Im Gegensatz zu vielen anderen Fällen ist hier die Beweislage klar. Die Begründung liegt schriftlich vor. Der Fotograf verweigert die Leistung, weil die Firma ausschliesslich heterosexuelle Paare fotografiert.»
Ein Fotograf dürfe sich zwar auf bestimmte Gruppen beschränken, wie etwa auf Hochzeitspaare oder Kindergeburtstage. «Aber Schwule und Lesben grundsätzlich auszuschliessen, ist nicht zulässig», sagt Anwältin Herz. «So, wie ein Betrieb auch nicht nur Kundschaft mit weisser Hautfarbe bedienen darf. Dann ist die Weigerung klar rassistisch motiviert.»
Keine Meinungsangelegenheit
Einzelne Leserbriefschreiber berufen sich auf die Meinungsfreiheit, der Fotograf dürfe doch fotografieren, wen er will. Doch die Anwältin verweist auf den Charakter der Strafnorm: «Es ist keine Frage der Meinungsfreiheit», sagt Herz. Sie präzisiert: «In so einem Fall wird die Grenze der Vertragsfreiheit klar überschritten. Es handelt sich um die systematische Diskriminierung einer Minderheit.»
Das fehlbare Fotounternehmen hat bis jetzt zu den Vorwürfen keine Stellung genommen. Auf der Homepage macht die Firma aber klar, dass sie sich an den Werten der Bibel orientiert. Ein Teil des Teams ist aktiv in einer christlichen Freikirche.
Doch in der Schweiz steht das Strafgesetzbuch über den Ansichten einer Glaubensgemeinschaft. Bei einem Schuldspruch drohen Freiheits- oder Geldstrafe. Es handelt sich um ein Offizialdelikt, das heisst, die Behörden sind verpflichtet, den Sachverhalt zu prüfen. Blick hat bei der zuständigen Staatsanwaltschaft Graubünden eine Anfrage geschickt. Die Behörde werde informieren, falls ein Verfahren eröffnet wird, heisst es da.