«Eine ideologiefreie Alternative zu den staatlichen Mittelschulen»
Corona-Skeptiker eröffnen Privatgymnasium in Winterthur

Weil ihnen die staatlichen Schulen gegen den Strich gehen, haben Corona-Skeptiker in Winterthur kurzerhand ihr eigenes Gymnasium gegründet. Und zwar unter dem Motto: «ideologiefrei».
Publiziert: 04.02.2023 um 14:35 Uhr
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Aktualisiert: 06.02.2023 um 07:43 Uhr
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In Winterthur nimmt kommenden Sommer die freie Maturitätsschule Winterthur den Lehrbetrieb auf. (Archivbild)
Foto: Keystone
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In Winterthur nimmt kommenden Sommer die freie Maturitätsschule Winterthur den Lehrbetrieb auf. (Archivbild)
Foto: Keystone

Ein Privatgymnasium für Corona-Skeptiker? Klingt ziemlich abstrus, ist in Winterthur aber schon bald Realität. Wie der «Tages-Anzeiger» berichtet, soll im kommenden Sommer eine solche Schule eröffnet werden.

Es handelt sich dabei um die freie Maturitätsschule Winterthur. Sie wird als «eine ideologiefreie Alternative zu den staatlichen Mittelschulen» auf der kürzlich aufgeschalteten Website beworben. Die Schüler würden «wertfreien Unterricht» bekommen und sich dadurch frei entfalten können. Es gehe um «Meinungsvielfalt». Zudem wolle man sich «kritisch» mit Geschichte, Gesellschaft und Politik auseinandersetzen.

Wer sich einen Platz an der Schule ergattern möchte, muss allerdings tief in die Tasche greifen. Pro Jahr kostet ein Platz satte 21'546 Franken!

Die freie Maturitätsschule Winterthur ist kein vom Zürcher Volksschulamt offiziell anerkanntes Gymnasium. Eine Bewilligung für den Schulbetrieb habe die Schule deshalb nicht benötigt. Zudem richtet sich das Lernangebot insbesondere an Schülerinnen und Schüler, die bereits die obligatorische Schulzeit hinter sich haben. Und eben solche privaten Bildungseinrichtungen müssen sich an keine Vorschriften halten.

Schulleiter fiel mit kritischen Leserbriefen zu Corona auf

Hinter dem Projekt steckt der Winterthurer Lehrer Carlo Marrara (51). Er amtet auch als Schulleiter über seine neue Schule. Zuvor arbeitete er zwanzig Jahre lang als Französischlehrer an der Kantonsschule Rychenberg, die sich ebenfalls in Winterthur befindet. Im ersten Pandemiejahr hing Marrara seine Lehrertätigkeit an den Nagel und wurde kurzerhand selbstständiger Immobilienmakler.

Zur gleichen Zeit begann er auch, seinen Unmut über die vom Bundesrat verkündeten Corona-Massnahmen zu äussern. Über Leserbriefe im «Tages-Anzeiger» verbreitete er seine Ansichten. «Wenn Tausende Menschen ohne Maske auf die Strasse gehen würden, würde das ganze Narrativ über das angeblich so ansteckende Coronavirus wie ein Kartenhaus in sich zusammenfallen», so Marrara. Auch in den sozialen Medien äusserte er sich. So postete er etwa auf Facebook ein Bild mit dem Satz: «In Gedenken an alle Opfer der Covid-Massnahmen».

Neben Marrara würden am Gymnasium laut dem «Tages-Anzeiger» noch zwei weitere Lehrkräfte unterrichten, die sich in der Vergangenheit auch negativ zu den Corona-Massnahmen geäussert haben. Einer von ihnen veröffentlichte auf der Website «Infowelle» eine «Anleitung zum Widerstand in der Corona-Diktatur» inklusive der These, dass alle Krankheiten auf falschem Denken beruhen würden. Zudem warnte er vor der Covid-Impfung, Überwachung und «medialer Hypnose». Der dritte Lehrer im Bunde soll für das Magazin «Rubikon» coronaskeptische Artikel verfasst haben.

«Wir haben keine hauseigene Matura»

Doch was will Schulleiter Marrara mit seinem Projekt genau erreichen? Im Zentrum stehe insbesondere ein «ideologiefreier Unterricht», der den Schülerinnen und Schülern die eigene Weltanschauung nicht aufdrücken würde. «Die Meinungsvielfalt wird nicht nur zugelassen, sondern explizit erwünscht», erklärt Marrara gegenüber dem «Tages-Anzeiger». Der Schulleiter betont auch, dass der Schulstoff der Gleiche sei wie an den staatlichen Schulen. «Wir haben keine hauseigene Matura. Die Schüler müssen die gleiche Prüfung bestehen wie alle anderen auch».

Von den staatlichen Mittelschulen unterscheide sich die freie Maturitätsschule Winterthur insbesondere in der Klassengrösse. So soll der Schulbetrieb kommenden Sommer mit einer Klasse, bestehend aus zehn bis zwölf Kindern aufgenommen werden. Diese sollen dann nicht wie üblich in vier, sondern in drei Jahren ihre Maturitätsprüfungen ablegen können. Ob das Gymnasium aber ein Erfolg wird, steht noch in den Sternen. Über die Höhe der Anmeldungen hüllt sich der Schulleiter in Schweigen. (ced)


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