Um den Geflügelhof etwas ausserhalb vom ländlichen Beinwil AG ist es erstaunlich ruhig. Eigentlich dürfen sich die über 9000 Hühner von Rolf Kreyenbühl (47) auf 25'000 Quadratmeter Wiesland frei bewegen. Jetzt beobachten sie durch ein engmaschiges Gitter die Ankunft des Blick-Teams. Die umliegenden Felder mit Linden und Nussbäumen sind leer.
Grund ist die hoch ansteckende Vogelgrippe H5N1, die sich unter den wildlebenden Vögeln auf der ganzen Welt rasend schnell verbreitet. Die Bauern wollen jeglichen Kontakt zu ihren Tieren verhindern.
«Die Massnahmen wurden gerade bis Ende April verlängert. Das ist lange, die Situation muss ernst sein, sonst würden sie das nicht machen», sagt Kreyenbühl. Dann führt er uns in den grossen Stall. Es gelten strengste Hygienevorschriften. Fotografin und Reporter müssen einen Overall und Schutzbezüge über die Schuhe anziehen. Erst als die Türe nach aussen sicher zu ist, dürfen wir zu den Tieren.
«Wir haben grossen Respekt vor der Vogelgrippe», sagt der Bauer. «Die Infektion passiert blitzschnell. Das Einzige, was wir zum Schutz der Tiere machen können, ist eine konsequente Umsetzung der Vorgaben des Bundes.»
Warten im Wintergarten
Der Stall für die weissen Hühner mit 17 Gockeln ist dreigeteilt. Im grossen Mittelteil halten sich am meisten der Tiere auf. Hier turnen sie auf den Stangen, scharren im Sand, in Nischen an den Wänden legen sie die Eier. In Richtung Osten und Westen führen Öffnungen in die Wintergärten. Auch hier buddeln sie im Sand, oder sitzen auf den Stangen an dem Maschendrahtzaun entlang. Nach oben ist der Wintergarten gedeckt.
«Hier kommt kein noch so kleiner Spatz hinein. Und es können auch keine Exkremente von Wildvögeln in den Stall fallen», sagt Kreyenbühl. «So weit sollten die Tiere geschützt sein vor einer Ansteckung.» Ganz sicher ist er sich aber nicht. Auf die Frage, warum gerade die Schweiz bisher von Ansteckungen in Geflügelfarmen verschont geblieben ist, verweist er auf die geografische Lage des Landes. Er sagt: «Die Hauptrouten der Zugvögel führen südlich und nördlich an uns vorbei. Zusätzlich haben wir bisher auch eine grosse Portion Glück gehabt.»
Höhere Gewalt
Die Hühner der Herde des Familienbetriebs Kreyenbühl sind mittlerweile 54 Wochen alt. 39 Wochen waren die Tiere alt, als sie am 28. November wegen der vom Bund angeordneten Massnahmen den Stall nicht mehr verlassen durften. Die IP-Freiland-Hühner, die für die Migros Eier legen, waren also plötzlich eingesperrt. «Trotzdem können wir die Eier weiterhin als Freiland anschreiben. Die Massnahmen sind höhere Gewalt», erklärt Kreyenbühl.
Die Hühner beobachten neugierig den Besuch.«Wir versuchen mit Strohballen, Luzerne und Pick-Schalen den Tieren zusätzliche Beschäftigung zu bieten. Als wir sie einsperren mussten, wirkten sie nicht unglücklich. Im Sommer aber wollen sie schon raus.»
Dass die Hühner so lange nicht auf die Felder dürfen, ist bisher noch nie passiert, auch wenn die Vogelgrippe schon mehrmals eine Bedrohung darstellte. «Vor zwei Jahren galten die Schutzmassnahmen in Zonen. Da musste der Nachbar an der Reuss seine Tiere einstallen, weil es in der Nähe Wasservögel hatte. Unsere Tiere durften nach draussen», erzählt der Eierproduzent.
Schweizer Hühner noch verschont
Der Verband der Eierproduzenten, Gallosuisse, begrüsst die Massnahmen des Bundes. Geschäftsführer Raphael Zwahlen (34) sagt: «Wir haben in der Schweiz noch immer auf keinem einzigen Hof einen Befall gehabt. Das gute Monitoring der Behörden, rechtzeitig angeordnete Präventivmassnahmen und die professionelle Umsetzung dieser Massnahmen sehen wir als Hauptgründe.»
Ein weiterer Vorteil sieht er in der Schweiz in der maximalen Grösse von 18'000 Hühnern pro Betrieb. «Durch die dezentrale Haltung haben wir ein kleineres Klumpenrisiko als das restliche Europa oder die USA», sagt Zwahlen. So haben sich durch die massenhaften Keulungen in Nordamerika mit ihren Millionenbetrieben die Eierpreise verdoppelt bis verdreifacht, in Europa stiegen die Preise um 60 Prozent.