Jetzt, da die meisten Massnahmen der Corona-Pandemie wieder verschwunden sind, erfreuen sich alle ab der wiedergekehrten Normalität. Es gibt aber auch die andere Seite: Menschen, die wegen der Pandemie schwere gesundheitliche Zeiten durchmachen. So wie Natalie F.* (23) aus Wien.
«Ich wurde am 21. März vergangenen Jahres positiv auf die britische/südafrikanische Variante getestet. Mein Verlauf war mild. Ich wollte Biologie studieren und nutzte die Zeit, um mich darauf vorzubereiten. Etwa vier Tage später verlor ich meinen Geschmacks- und Geruchssinn, meine Zunge wurde taub», sagt die junge Frau zu «Heute». Was sie allerdings nicht ahnte: Zu diesem Zeitpunkt war das Virus schon in ihr Nervenzentrum gelangt.
Puls stieg plötzlich bis auf 150
Einen Tag später macht sich bei Natalie F. plötzlich Herzrasen bemerkbar. Ihr Puls steigt bis auf 150. Für die sportliche Wienerin, die gerne im Fitness-Studio trainierte, regelmässig zum Laufen ging und bis 2019 Cheerleaderin war, ein Schock. «Die Ärzte meinten, ich muss mich jetzt schonen, damit es nicht chronisch wird. Das war für mich der absolute Alptraum.»
Doch so sehr sich Natalie F. auch schonte, ihr ging es nicht besser. Als sie die Corona-Infektion überstanden hatte, wurde sie plötzlich von Migräne-Attacken heimgesucht. «Selbst Schmerzmittel halfen nicht ganz», so Natalie F. Hinzu kamen Krampf- und Zitteranfälle am ganzen Körper.
Bis zu zehn Ohnmachtsanfälle am Tag
Die Diagnose: Sie leidet am posturalen Tachykardiesyndrom (POTS), das die Herzfrequenz bereits beim Aufstehen sprungartig in die Höhe treiben kann. «Desto länger man steht, desto stärker werden die Symptome, im schlimmsten Fall kann es sogar zum Herzstillstand kommen. Damit das nicht passiert, reagiert der Körper mit Bewusstlosigkeit, um alle Energie für die Regulation des Herzschlags zu nutzen», meint Natalie F. Weil sie damals bis zu zehn Ohnmachtsanfälle am Tag hatte, wird sie im Juni 2021 in einen Rollstuhl gesetzt.
Als wäre das alles nicht genug, treten bei Natalie F. mit der Zeit auch Konzentrations- und Gedächtnisstörungen auf. Dieser sogenannte Brain Fog ist bei Menschen, die an Long Covid leiden, keine Seltenheit. «Ich war komplett orientierungslos und hatte schwere Wortbildungsstörungen», so die junge Frau.
«Es war ein Ärzte-Marathon»
Bis die Ärzte aus Natalie F. schlau werden, dauert es einige Zeit. «Es war ein Ärzte-Marathon», wie sie selber sagt. Inzwischen ist sie bei einem Wiener Virologen in Behandlung. Dennoch verbringt Natalie F. die meiste Zeit zu Hause. «Wenn ich rausgehe, endet das meist mit einem Rettungseinsatz, weil ich bewusstlos werde. Daher bleibe ich die meiste Zeit im Bett.»
Um ihre Erfahrungen zu teilen und andere über die möglichen Folgen einer Corona-Infektion aufzuklären, berichtet sie auf ihrem Instagram-Account «nanasjourneywithlongcovid». (ced)
* Name bekannt