Locker im Umgang, unkompliziert im Auftreten und ohne Diplomaten-Dünkel: All das sind Eigenschaften, die Papst Franziskus (86) schätzt. Wohl auch deshalb machte er den Walliser Vatikan-Diplomaten Emil Paul Tscherrig (76) zum wichtigsten Botschafter der Kirchenwelt: zum Nuntius von Italien. Denn ohne Italien ist der Vatikan aufgeschmissen.
Der Papst kennt Tscherrig aus Buenos Aires
Zwar rumpelt es hin und wieder zwischen dem Heiligen Stuhl und Italien. Zum Beispiel, wenn Papst Franziskus die harte Flüchtlingspolitik von Giorgia Meloni (46) kritisiert. Mit diplomatischem Geschick gelingt es Tscherrig immer wieder, Spannungen mit der italienischen Regierung zu lösen.
Papst Franziskus macht Tscherrig am Samstag zum Kardinal. Bislang war Tscherrig ein Erzbischof und trug Pink, von heute an ist Kardinalspurpur angesagt. Der Papst kennt ihn aus alten Zeiten in Argentinien. Damals hiess Franziskus noch Jorge Bergoglio und war Erzbischof von Buenos Aires, Tscherrig war Botschafter von Papst Benedikt XVI. in Argentinien.
Tscherrigs Vater starb mit 51 Jahren
Mit dem Wallis ist Tscherrig bis heute eng verbunden. Jeden Sommer verbringt er in den Walliser Bergen seine Ferien. «Wir waren sehr arm», verriet er kürzlich dem «Walliser Boten». Tscherrigs Vater starb im Alter von 51 Jahren. «Plötzlich war unsere Mutter alleine mit acht Kindern. Dank der Schweinemast, die Geld einbrachte, konnten die Kinder, die wollten, ein Studium machen.» Tscherrig, der früher in der Schweinemast mithalf, studierte in Freiburg Theologie, bevor er Priester des Bistums Sitten wurde und seine Diplomaten-Laufbahn im Vatikan begann.
Der Kirchenmann blickt auf ein spannendes Diplomaten-Leben zurück. Sein erster Posten war 1979 in Uganda. Vatikan-Diplomaten halten auch dann noch die Stellung, wenn andere Botschaften ihr Personal abziehen. Tscherrig über die Zeit in Uganda: «Es herrschte Krieg. Das Essen wurde knapp und wir ernährten uns vor allem von Papayas aus dem Garten.»
Grossbaustelle Missbrauchskomplex
Als Nuntius hat Tscherrig viele innerkirchliche Probleme an der Backe. So gibt es in Italien über 400 aktive und emeritierte Bischöfe. Viel zu viele, findet Papst Franziskus. Tscherrig hat die undankbare Aufgabe, hier Lösungen zu finden.
Ein weiteres Problem ist der Missbrauchskomplex. In Italien ist die katholische Kirche noch nicht so stark für die Missbrauchsproblematik sensibilisiert wie im deutschsprachigen Raum. Die Enthüllungen in der Schweiz trüben auch die Feststimmung. Mit gemischten Gefühlen reiste der Bischof von Sitten, Jean-Marie Lovey (73), am Freitag nach Rom. Denn der Vatikan lässt aktuell gegen Lovey ermitteln. Ihm wird vorgeworfen, einen Missbrauchsfall vertuscht zu haben. Tscherrigs Schweizer Kollege im Kardinalskollegium, Kurt Koch (73), steht nach der Studie der Uni Zürich in der Kritik.
Viola Amherd ging auf dieselbe Schule wie Tscherrig
Die Reaktionen auf die Ernennungen fallen ausserhalb der katholischen Bubble verhalten aus. Bundesrätin Viola Amherd (61), die auf dieselbe Schule wie Tscherrig ging, will sich zur Kardinalsernennung nicht äussern. Dafür ist die Schweiz bei den Feierlichkeiten gleich doppelt vertreten: einmal über die neue Botschafterin am Heiligen Stuhl, Manuela Leimgruber (52), und über die Italien-Botschafterin Monika Schmutz (55).
Was sich Tscherrig wünscht? Dass Franziskus noch möglichst lange Papst bleibt. Sollte Franziskus in den nächsten Jahren zurücktreten oder sterben, wäre Tscherrig Teil des Konklaves, der Papst-Wahl. Die Altersgrenze für stimmberechtigte Kardinäle liegt bei 80 Jahren.