Am Freitag sah es noch so aus, als ob die Missbrauchsvorwürfe an Priester Franz Sabo (69) abperlen würden. Der Kirchenrat von Röschenz stellte sich hinter Sabo und verteilte ein Flugblatt mit der Botschaft: «Der Kirchenrat stellt sich vorbehaltlos hinter Pfarrer Franz Sabo.»
Misstrauen in Röschenz nach SonntagsBlick-Artikel
Am Sonntag änderte sich die Lage. Wie das Kirchenportal kath.ch berichtete, kündigte Sabo an, sonntags keine Messen mehr zu feiern. Denn zum ersten Mal spüre er Misstrauen in Röschenz. Junge Ministranten hätten ihn gefragt, was an den Missbrauchsvorwürfen dran sei.
Am Montag macht der Kirchenrat eines jedoch vehement klar: Ganz weg vom Fenster ist Sabo noch nicht. Der Rat bezeichnete die Meldung des Kirchenportals in einem Statement als «missverständlich». Das berichtet die «Basler Zeitung».
Sabo habe lediglich angekündigt, kürzertreten zu wollen, so der Kirchenrat. «Der Kirchenrat der Kirchgemeinde Röschenz hält gemeinsam mit unserem Pfarrer Franz Sabo fest, dass kein Rücktritt, keine Demission stattfindet», liest man in der Mitteilung vom Montag.
Das Gremium hebt den Schlusssatz von Sabos Sonntagspredigt hervor. Dieser lautete: «Liebe Zuhörer, ob ich als Pfarrer in Röschenz noch tragbar bin oder nicht, entscheidet ganz gewiss weder der ‹SonntagsBlick› noch Herr Ivo Corvini, sondern in erster Linie Sie!» Corvini ist der Chef des römisch-katholischen Landeskirchenrats des Kantons Baselland.
«Der Täter sieht die Schuld beim Opfer»
Sabo sieht sich als Opfer einer «Hetzkampagne» von Thomas Pfeifroth (57). Pfeifroth ist der Mann, der im SonntagsBlick über einen Vorfall im Jahr 1982 berichtet hatte: Franz Sabo habe ihn nach einer Beichte im Alter von 17 Jahren mit Wein verführt, es sei zum Sex gekommen. 2010 erstattete er Anzeige. Die Staatsanwaltschaft Bamberg stellte das Verfahren wegen Verjährung ein, schreibt aber in der Einstellungsverfügung: «Die Angaben des Zeugen Thomas Pfeifroth sind im vollen Umfang glaubhaft.» Zumal ein Brief von Franz Sabo vorliege, indem er den «sexuellen Missbrauch eingeräumt hat».
Im Röschenzer Sonntagsgottesdienst stellte Sabo den Vorfall anders dar: «Pfeifroth sagte mir, er sei 18 Jahre alt und finde mich attraktiv.» Pfeifroth widerspricht: «Ich war 17, Sabo hat sich an mich rangemacht. Der Täter sieht die Schuld beim Opfer. Diese Erfahrung müssen viele Missbrauchsbetroffene machen. Seit Jahren erwarte ich von Franz Sabo eine Entschuldigung und eine Entschädigung – doch nichts passiert.»
Pfeifroth fordert nun radikale Aufklärung. «Ich möchte endlich wissen, wer alles vertuscht hat.» Denn am Sonntag behauptete Sabo, er habe den Vorfall schon vor Jahrzehnten dem Erzbistum Bamberg gemeldet. Und laut der Kirchgemeinde Röschenz war auch der frühere Bischof von Basel informiert, Kurt Koch (73) – er ist seit 2010 Kardinal in Rom. Seit 2011 wusste auch Kochs Nachfolger, Bischof Felix Gmür (57), von den Missbrauchsvorwürfen. Trotzdem liess er Sabo im Amt. Gmür bestreitet, den Fall vertuscht zu haben. Pfeifroth zu Blick: «Ich erwarte, dass Gmür die Akten offenlegt.»