Sie heulen wieder, die Grauen Wölfe. Der Skandaljubel des türkischen EM-Torschützen Merih Demiral (26) wirft ein Schlaglicht auf die Gruppierung, deren Netzwerk bis in die Schweiz reicht. Von der Öffentlichkeit kaum wahrgenommen, treffen sich die türkischen Rechtsextremisten auch hierzulande in Vereinslokalen und Moscheen, hetzen gegen Andersdenkende – und trimmen schon kleine Kinder auf die islamo-faschistische Ideologie.
Das Hauptquartier der Ultranationalisten steht im Industriegebiet von Regensdorf ZH. Es ist der Sitz der schweizerisch-türkischen Föderation, die die Aktivitäten der knapp tausend Anhängerinnen und Anhänger in der Schweiz koordiniert.
Getarnt als Kulturvereine
Die Föderation ist ein Ableger der Partei MHP, um die sich die Grauen Wölfe formieren. Im Parlament in Ankara ist sie die viertstärkste Kraft – und Juniorpartner in Erdogans Regierungskoalition.
Die Schweizer Gruppen tarnen sich als Kulturvereine, hinter den Kulissen aber predigen sie radikales Gedankengut. Die Rechtsextremisten sehen sich als türkische «Herrenrasse». Ihre Feinde – Kurden, Linke, Juden – bekämpfen sie teils mit Gewalt.
Am schlagkräftigsten sind die Grauen Wölfe in Basel, wo sie sich in der Mevlana-Moschee wöchentlich zum Gebet treffen. An den Wänden hängt die rote Flagge mit drei weissen Halbmonden – das Logo der MHP. Daneben ein Foto des Parteichefs Devlet Bahceli (76).
Kinder posieren mit Wolfsgruss
Schon die Kleinsten werden auf Linie gebracht. An Wochenenden besuchen Kinder Religionskurse, auf Fotos posieren sie mit Parteifunktionären, die Hand erhoben zum Wolfsgruss.
Der Nachrichtendienst des Bundes (NDB) hat die Gruppierung offenbar nicht auf dem Radar. Zumindest wird sie im jährlichen Tätigkeitsbericht mit keinem Wort erwähnt. Ganz anders in unseren Nachbarländern: Frankreich hat die Grauen Wölfe verboten, Österreich deren Symbole und der deutsche Verfassungsschutz warnt vor einem «hohen Gewaltpotenzial» der Bewegung. Mit 12'500 Anhängern sind die Grauen Wölfe die grösste rechtsextreme Organisation in Deutschland.
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In der Schweiz scheiterten mehrere politischen Vorstösse gegen die Gruppierung. 2020 und 2022 lehnte der Bundesrat nach Interpellationen ein Verbot der Grauen Wölfe ab.
Auseinandersetzungen mit Kurden
Der Schweizer Ableger der türkischen Rechtsextremisten distanziert sich offiziell von Gewalt. Vereinzelt kam es in den letzten Jahren trotzdem zu Auseinandersetzungen zwischen MHP-Anhängern und Kurden, etwa 2015 am Rande einer Demonstration in Bern mit 22 Verletzten.
Fragen beantwortete die Gruppierung nicht. Schweiz-Chef Irfan Okutan (62), ein bulliger Türke mit schwarzem Schnauz, liess eine Anfrage von Blick unbeantwortet.