Türkei-Star sorgte für Eklat
Das steckt hinter den Grauen Wölfen und ihrem Gruss

Merih Demiral sorgte mit dem Wolfsgruss im EM-Achtelfinal gegen die Türkei für Empörung. Doch was steckt hinter der Geste und der Vereinigung der grauen Wölfe?
Publiziert: 04.07.2024 um 12:43 Uhr
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Aktualisiert: 04.07.2024 um 15:01 Uhr
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Merih Demiral zeigt gegen Österreich den Wolfsgruss, das Zeichen einer rechtsextremen Bewegung.
Foto: AFP
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Cédric HeebRedaktor Sport

Fussballerisch ist die EM in Deutschland ein riesiges Fest. Doch immer wieder sorgen rechtsextreme Botschaften für Diskussionen. Da sind beispielsweise die österreichischen Fans, die die Parole «Ausländer raus» singen. Und da ist Merih Demiral (26), der türkische Doppeltorschütze im EM-Achtelfinal gegen Österreich (2:1).

Nach seinem zweiten Treffer streckt der Verteidiger beide Arme in die Luft und symbolisiert mit beiden Händen den sogenannten Wolfsgruss. Es ist das Zeichen für eine rechtsextreme Bewegung, genannt die Grauen Wölfe. Doch was steckt dahinter?

Bei den Grauen Wölfen handelt es sich um eine übergeordnete Bezeichnung, zu der sich Vereine, Gruppierungen und auch Einzelpersonen zählen. Insbesondere die türkischen Parteien MHP (Partei der Nationalistischen Bewegung) oder BBP (Partei der Grossen Einheit) verstehen sich als Angehörige.

Märtyrische und idealistische Gesinnung

Sie bezeichnen sich selbst als Idealisten (türkisch «Ülkücü») und verfolgen das Ziel des Panturkismus. Dabei streben sie an, Völkergruppen, die sich vom Balkan bis nach Südostasien erstrecken, zu einem Reich namens Turan zu vereinen. Die chinesische Regierung vermutet etwa Verbindungen zu den Uiguren, einer turksprachigen Ethnie in der Provinz Xinjiang.

Die meisten Anhänger der Bewegung legen bei Zusammenkünften den märtyrischen «Schwur der Idealisten» ab. In diesem schwören sie, den «Kampf gegen Kommunismus, Kapitalismus, Faschismus und jegliche Art von Imperialismus fortzuführen» und dass dieser weitergeht, «bis die nationalistische Türkei, bis Turan erreicht ist». Man kämpfe bis «zum letzten Mann, zum letzten Atemzug, zum letzten Tropfen Blut».

Jetzt kommt sogar Erdogan nach Berlin

Am kommenden Samstag treffen Holland und die Türkei im Berliner Olympiastadion aufeinander. Da mit dabei sein will angeblich auch der türkische Präsident Recep Erdogan. Der deutschen Presse-Agentur zufolge hat Erdogan seine geplante Aserbaidschan-Reise abgesagt und will nun kurzfristig nach Berlin reisen, um dort das Spiel sehen.

Ist es die nächste Stufe im Konflikt rund um den Wolfsgruss des türkischen Verteidiger Merih Demiral? Am Donnerstagmorgen bestellte das deutsche Aussendepartement bereits den türkischen Botschafter ein. Darauf reagierte die Türkei, bestellte den deutschen Botschafter ein und teilte gleich mit: «Die Reaktionen der deutschen Behörden auf Herrn Demiral sind selbst fremdenfeindlich.»

Am kommenden Samstag treffen Holland und die Türkei im Berliner Olympiastadion aufeinander. Da mit dabei sein will angeblich auch der türkische Präsident Recep Erdogan. Der deutschen Presse-Agentur zufolge hat Erdogan seine geplante Aserbaidschan-Reise abgesagt und will nun kurzfristig nach Berlin reisen, um dort das Spiel sehen.

Ist es die nächste Stufe im Konflikt rund um den Wolfsgruss des türkischen Verteidiger Merih Demiral? Am Donnerstagmorgen bestellte das deutsche Aussendepartement bereits den türkischen Botschafter ein. Darauf reagierte die Türkei, bestellte den deutschen Botschafter ein und teilte gleich mit: «Die Reaktionen der deutschen Behörden auf Herrn Demiral sind selbst fremdenfeindlich.»

Die Feindbilder der Grauen Wölfe – die Bewegung ist in der Schweiz bis heute nicht verboten – sind insbesondere die Kurden (ethnische Volksgruppe in der Türkei, in Iran, im Irak und Syrien). Doch auch Juden, Christen, Kommunisten, Griechen oder Armenier gehören dazu. Ende der 1970er-Jahre wurden Hunderte Morde der Bewegung zugeschrieben, zwischen 1974 und 1980 sollen es türkischen Behörden zufolge knapp 700 gewesen sein.

Das bedeutet der Wolfsgruss

Alparslan Türkes (1917–1997), Gründer der Partei MHP, soll den Wolfsgruss, der die Mitglieder der Vereinigung verbindet, einst wie folgt erklärt haben: Der kleine Finger symbolisiere die Türkei, der Zeigefinger den Islam. Der aus den anderen drei Fingern geformte Kreis stelle die Welt dar. Dort, wo die Finger zusammenkommen, sei ein Stempel. Heisst zusammengefasst: Sie wollen der Welt den türkisch-islamischen Stempel aufdrücken.

Es ist allerdings kompliziert, da das Zeichen in der Türkei oft als einfache Provokation verstanden wird, ohne dass die Person eine rechtsextreme Gesinnung empfindet. Der deutsche Verfassungsschutz schreibt etwa: «Auch wenn das Zeigen des Wolfsgrusses ein Bekenntnis zur ‹Ülkücü›-Ideologie ist, muss nicht jeder Verwender dieses Grusses ein türkischer Rechtsextremist sein.» Ausserdem wird das Zeichen in der Pädagogik als Leise- oder Schweigefuchs verwendet. Die Bewegung und der Gruss sind in Deutschland, anders als etwa in Österreich, nicht verboten.

Bei Grossanlässen wie einer Fussball-EM «haben nationalistisch angehauchte Personen noch mal eine ganz andere Motivation, ihr rechtsextremistisches Gedankengut zu verdeutlichen und zu äussern», wird Felix Neumann von der Konrad-Adenauer-Stiftung bei SRF zitiert. Der Fussball biete demnach einen grossen Nährboden für Rechtsextremismus und Rassismus, da «man als Einzelperson in der Masse untergeht. Man fühlt sich als Teil einer Gruppe und somit kann sich das Ganze aufschaukeln.»

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