Es war an einem Samstagmittag im Mai, als Nationalrat Bastien Girod (42) mit seinen sechs- und achtjährigen Töchtern ins Kino ging, um «Krähen» anzuschauen. Der Film des Schweizer Regisseurs Martin Schilt erzählt vom Wesen der Rabenvögel – und lässt Ornithologen, Ökologen sowie weitere Wissenschaftler zu Wort kommen. Seine Interviewpartner: allesamt männlich.
Nachdem Girod das Kino verlassen hatte, ging ihm das nicht mehr aus dem Kopf: «Der Film war spannend, aber das ist nicht der Punkt», sagt der Politiker der Grünen. «Er zementiert das Bild, dass Wissenschaft reine Männersache ist.» Der Nationalrat begann zu recherchieren: Hatte der Film Fördergelder erhalten? Und falls ja, warum waren die rein männlichen Protagonisten dabei kein Thema?
Eine halbe Million Steuergelder
Es stellte sich heraus: Das Bundesamt für Kultur hatte den Film mit rund 360'000 Franken unterstützt, der Kanton und die Stadt Zürich zahlten via Filmstiftung einen Betrag von insgesamt 250'000 Franken.
«Über eine halbe Million Franken Steuergelder für einen Film, in dem keine einzige Frau zu Wort kommt?», fragt sich Girod. «Wie kann das sein?»
Das Bundesamt für Kultur (BAK) hält auf Anfrage fest, die Filmförderung berücksichtige «den Grundsatz der Diversität»; dabei achte man auf eine ausgewogene Förderung von Projekten von Frauen und Männern.
«Das Produktionsteam des Projekts ‹Krähen› war in dieser Hinsicht durchmischt», teilt das Amt mit. Keine Förderung erhalte ein Film dann, «wenn namentlich Angehörige eines Geschlechts oder einer Gruppierung in erniedrigender Weise dargestellt werden sollen». Dies aber sei bei dem Projekt «Krähen» nicht der Fall gewesen.
Gesetzliche Grundlage müsste angepasst werden
Girod genügt diese Auskunft nicht. «Da gibt die ETH viel Geld für Kampagnen aus, um Mädchen für ein Studium der Naturwissenschaften zu begeistern – und dann kommt ein solcher Film und vermittelt völlig veraltete Rollenbilder.»
Heute, so Girod weiter, habe das BAK keine Möglichkeit, «solche einseitigen Filme» von der Förderung auszuschliessen und «eine Diversität anzustreben, wie sie in Netflix- und Hollywood-Produktionen längst gang und gäbe ist».
Nächste Woche will der Grünen-Nationalrat deshalb mit einem Vorstoss verlangen, dass das BAK die gesetzlichen Grundlagen anpasst, «um schädliche Stereotypen in Filmen zu vermeiden». Selbstverständlich wären dann auch in Zukunft reine Männerfilme möglich, sagt Girod. «Bei einem Film über Männerfussball muss man nicht künstlich Protagonistinnen suchen.»
Wenn jedoch zu einem Thema insgesamt zehn Experten zu Wort kämen, liesse sich mit Bestimmtheit auch eine Expertin finden.
Bastien Girod will seinen Vorstoss nicht als parteipolitisches Manöver verstanden wissen. Er sei zuversichtlich, dass er dabei auch von bürgerlicher Seite Unterstützung erhalte. Denn, so der junge Vater: «Ich glaube nicht, dass Eltern ihren Kindern solche stereotypen Rollenbilder vermitteln wollen – unabhängig von ihrer politischen Ausrichtung.»