Amerika brennt – wieder! Drei Monate nach dem Tod von George Floyd (†46) in Minneapolis und den landesweiten Massenprotesten gegen Polizeigewalt und systematischen Rassismus hat das Land einen neuen Fall. In Kenosha im Bundesstaat Wisconsin haben drei weisse Polizisten Jacob Blake (29) niedergeschossen.
Ein Beamter hat den dunkelhäutigen Familienvater am Wochenende mit sieben (!) Schüssen in den Rücken niedergestreckt. Auf den Videoaufnahmen ist zu sehen, wie sich Blake zuvor einer Festnahme widersetzt, dann um sein Auto läuft und die Fahrertüre öffnet. Laut Aussagen der Polizeibehörde vom Mittwoch soll der Afroamerikaner nach einem Messer gegriffen haben, das später gesichert werden konnte. Besonders tragisch: Blakes Kinder sitzen auf dem Rücksitz und müssen das Drama live mitansehen. Ihr Vater liegt derzeit schwer verletzt im Spital, dürfte für den Rest seines Lebens von der Hüfte herab gelähmt sein. Die Polizisten sind beurlaubt worden.
Die Stadt Kenosha befindet sich seither im Ausnahmezustand. In den Nächten kommt es zu wüsten Ausschreitungen. Protestler liefern sich Strassenschlachten mit Polizisten. Einzelne Demonstranten werfen dabei Steine, plündern Geschäfte und setzen Gebäude in Brand. Die Beamten antworten mit Tränengas und Gummischrot. In der Nacht auf Mittwoch dann die totale Eskalation: Ein 17-Jähriger eröffnet das Feuer auf Protestler – zwei Menschen kommen ums Leben. Der Tatverdächtige wird im Verlauf des Mittwochs festgenommen.
Historischer Boykott im US-Sport
Der amerikanische Sport reagiert auf die neue Protest-Welle mit einem historischen Boykott. Am Mittwoch erzwingen die Stars der National Basketball Association (NBA) eine Absage sämtlicher Playoff-Partien. Den Stein ins Rollen brachten die Milwaukee Bucks. Das Team aus dem Bundesstaat Wisconsin – dort, wo sich das neueste Rassismus-Drama abspielt – kündigt wenige Stunden vor ihrem fünften Playoff-Spiel gegen die Magics aus Orlando einen Boykott an.
Die Meldung verbreitet sich rasant. Wenig später folgen weitere Teams. Auch die Los Angeles Lakers mit Superstar LeBron James (35) ziehen in den Rassismus-Streik. James – der Roger Federer Amerikas – teilt auf Twitter mit: «Verdammte Scheisse! Wir fordern Veränderung. Das macht mich krank.»
Letztlich bleibt der NBA keine andere Möglichkeit, als sämtliche Playoff-Spiele am Mittwoch abzusagen. Wie es weitergeht, soll am Mittwochabend (Ortszeit) in einer Krisensitzung entschieden werden. Offenbar steht die ganze Saison auf der Kippe!
Auch Baseball-Teams ziehen mit ihren Sportkollegen aus der NBA mit. Am Nachmittag kündigen die Mariners aus Seattle als erste Organisation der Major League Baseball (MLB) einen Boykott an. Wenig später sind bereits drei Spiele abgesagt. Ob die Baseball-Stars ihren Betrieb am Donnerstag wieder aufnehmen, ist fraglich.
NBA-Trainer greift Trump an – Video geht viral
Viral geht derzeit das Interview von Doc Rivers (58), angesehener Trainer des NBA-Teams Los Angeles Clippers. Rivers kritisiert nach dem Sieg seiner Mannschaft am Dienstagabend die Republikaner um US-Präsident Donald Trump (74). Die Partei spreche nur über die Angst vor den Demonstranten, «aber wir sind die, die getötet werden». Dann schluchzt Rivers unter Tränen in die Kameras: «Es ist erstaunlich für mich, warum wir dieses Land weiterhin lieben – und dieses Land gibt uns keine Liebe zurück.»
Trump entsendet Nationalgarde – Biden telefoniert mit Blakes Familie
Donald Trump hat sich am Mittwoch zu Wort gemeldet. Der US-Präsident teilt auf Twitter mit, er werde «Plünderungen, Brandstiftung, Gewalt und Gesetzlosigkeit auf amerikanischen Strassen nicht tolerieren». Deswegen sollten Sicherheitskräfte des Bundes für «Recht und Ordnung» sorgen. Recht und Ordnung ist ein zentrales Thema von Trump im Wahlkampf um das US-Präsidentenamt.
Der demokratische Gouverneur von Wisconsin, Tony Evers (68), hat am Mittwoch die Hilfe der Bundesregierung angenommen. Evers ordnet nach einem Telefonat mit Trump den Einsatz von 500 weiteren Mitgliedern der Nationalgarde in der Stadt an. Der US-Präsident hatte diese polizeiliche Unterstützung bereits am Dienstag angeboten, Evers winkte damals aber noch ab.
Auch Joe Biden (77), Präsidentschaftskandidat der Demokraten, äussert sich am Mittwoch zu den Vorfällen in Wisconsin. Er habe mit der Familie von Jacob Blake (29) gesprochen, so Biden. «Was ich in diesem Video gesehen habe, macht mich krank», sagt er nach dem Telefongespräch mit Angehörigen. Seine Botschaft: «Protestiert, aber friedlich!»