Österreich verschärft die Anti-Corona-Massnahmen drastisch. Das Land geht am Dienstag zum zweiten Mal in der Corona-Krise für drei Wochen in einen Lockdown. Die Regierung von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) hat die neuen Knallhart-Massnahmen am Samstag an einer Pressekonferenz in Wien verkündet.
Der Teil-Lockdown sei nun bereits seit zwölf Tagen in Kraft. Die gewünschte Wirkung blieb laut Kurz jedoch leider aus. Insbesondere problematisch sei, dass die Ansteckungen von den Behörden nicht mehr zurückverfolgt werden könnten. Die prekäre Situation im Gesundheitsbereich würde einen zweiten Lockdown wie im Frühling nötig machen, erklärte Kurz. «Auch wenn sich niemand einen zweiten Lockdown wünscht, so ist der zweite Lockdown das einzige Mittel, von dem wir verlässlich wissen, dass es funktioniert», sagte der Bundeskanzler.
Nicht lebensnotwendige Geschäfte müssen schliessen
Die Beschränkungen gelten bis zum 6. Dezember. Nicht lebensnotwendige Geschäfte sowie Dienstleistungen wie Coiffeure werden geschlossen. Bars und Restaurants sowie Freizeiteinrichtungen sind bereits seit dem 3. November zu und bleiben weiterhin geschlossen. Pflichtschulen müssen auf Homeschooling umstellen. Überall, wo es möglich ist, soll auf Homeoffice umgestellt werden. Die Kirchen erklärten sich laut Kurz freiwillig dazu bereit, für die Zeit des Lockdowns keine öffentlichen Gottesdienste durchzuführen.
Den Geschäften, die jetzt zum Schliessen gezwungen sind, soll rasch und unbürokratisch geholfen werden. Der Handel soll 20 bis 60 Prozent Umsatzverlust ersetzt bekommen. Dies ist aber nur Fall, wenn keine Stellen abgebaut werden.
Treffen nur noch mit einer Person erlaubt
Die Ausgangsbeschränkungen gelten neu nicht nur in der Nacht, sondern rund um die Uhr. Den Wohnraum darf man nur verlassen, um zur Arbeit zu gehen, jemanden zu unterstützen, einzukaufen oder sich die Füsse zu vertreten.
Offen bleiben Geschäfte für die Deckung des täglichen Bedarfs, etwa Supermärkte, Drogerien, Apotheken und Banken. Dort, wo es nicht anders geht, bleiben die Kindergärten und Schulen trotz Homeschooling offen, damit etwa Angestellte von Lebensmittelläden weiterhin zur Arbeit gehen können.
Kurz führt zudem drastische Kontaktbeschränkungen ein. Ausserhalb des eigenen Haushalts dürfen sich die Österreicher nur mit einer Person treffen. «Treffen sie niemanden! Jeder soziale Kontakt ist einer zu viel», sagte Kurz.
Schweiz als Negativ-Beispiel
Gesundheitsminister Rudolf Anschober kam bei seiner Begründung der drastischen Corona-Massnahmen auf die Nachbarländer Österreichs zu sprechen. Anschober nannte unter anderem Tschechien. Dort habe man mit einem harten Lockdown die Zahlen nach unten gebracht. Dann kommt er auf die Schweiz zu sprechen. Auch in der Schweiz steige die Anzahl der Neuinfektionen drastisch. «Inszwischen gibt es in der Schweiz schon fast 3000 Tote», sagte Anschober.
Auf eine Journalistenfrage, ob die Grenzen offen bleiben würden, äussert Kurz indirekt Kritik am Umgang der Schweiz mit dem Coronavirus. Die Grenzen würden offen bleiben, schliesslich gebe es ja auch Leute, die über die Grenze zur Arbeit pendeln müssten. In den umliegenden Ländern gebe es einen ähnlich hohen Anstieg der Infektionsrate wie in Österreich. In der Schweiz sei «in einigen Kantonen» ebenfalls ein Lockdown in Kraft, spielt Kurz auf die uneinheitliche Lösung in der Schweiz an. «Leider gibts einen grossen Austausch mit Vorarlberg», sagte er. Das Bundesland grenzt an die Schweiz und verzeichnet einen besonders starken Anstieg bei den Neuinfektionen.
Die Infektionszahlen in Österreich sind trotz des Anfang November in Kraft getretenen «Lockdown light» weiter gestiegen. Am Freitag lag die Zahl der Neuinfektionen pro 100'000 Einwohner binnen sieben Tagen bei 554,2. Zum Vergleich: Die Schweiz steht momentan schlechter da als Österreich. Aktuell haben wir laut dem Bundesamt für Gesundheit 593,1 Fälle pro 100'000 Einwohner. (jhs/noo/SDA)