Bei einem Raketenangriff am Donnerstagabend am Flughafen von Bagdad (Irak) ist der iranische General Qassem Soleimani getötet worden. Soleimani war als Kommandeur der iranischen Al-Kuds-Brigaden einer der höchsten, einflussreichsten und gefürchtetsten Militärkommandanten des Irans.
Er galt als der prominenteste Vertreter und das bekannteste Gesicht des iranischen Militärs im Ausland. Die Al-Kuds-Brigaden gehören zu den Revolutionsgarden (IRGC), einer Eliteeinheit der iranischen Streitkräfte. Soleimani tauchte sowohl im Irak als auch im benachbarten Bürgerkriegsland Syrien immer wieder an der Seite von schiitischen Milizen auf, die vom Iran unterstützt werden.
Mehr zur Eskalation Iran–USA
Sein Tod bedeutet einen neuen Höhepunkt im Konflikt zwischen den USA und dem Iran. Laut irakischen Regierungskreisen soll unter den acht Todesopfern in der Nacht auf Freitag auch der Vizechef der pro-iranischen Hasched-al-Schaabi-Milizen sein.
USA übernehmen Verantwortung für Raketenangriff
Das Pentagon bestätigte den Angriff. «Dieser Schlag zielte darauf ab, zukünftige iranische Angriffspläne zu verhindern», so eine Erklärung des US-Verteidigungsministeriums am Donnerstagabend in Washington, rund zwei Stunden nach dem Raketenangriff. Demnach gab Präsident Donald Trump (73) Befehl zum Angriff auf den Konvoi des 62-jährigen «Terrorführers».
«General Soleimani», so die Erklärung, «entwickelte aktiv Pläne, um amerikanische Diplomaten und Angehörige der Streitkräfte im Irak und in der gesamten Region anzugreifen. General Soleimani und seine Kuds-Streitkräfte waren für den Tod von Hunderten von amerikanischen und Koalitions-Mitgliedern und die Verwundung von Tausenden weiteren verantwortlich.»
Trump kommentierte seinen Befehl zur Tötung von Soleimani auf Twitter wortlos mit einer US-Flagge:
Die US-Botschaft in Bagdad hat nun die US-Bürger aufgerufen, das Land «unverzüglich» zu verlassen, schreibt «Reuters». US-Bürger sollten mit Flugzeugen aus dem Land ausreisen, solange dies möglich sei, erklärte die Botschaft in Bagdad. Andernfalls sollten sie auf dem Landweg ausreisen.
Nachfolger von Soleimani ernannt
Der Tod des hohen iranischen Militärführers könnte einen potenziellen Wendepunkt im Nahen Osten darstellen. Irans geistliches Oberhaupt Ayatollah Ali Chamenei hat Rache für den tödlichen US-Raketenangriff geschworen. In einer am Freitag über Twitter verbreiteten Botschaft drohte Chamenei den «Verbrechern», die für den Tod Soleimanis verantwortlich seien, mit «schwerer Vergeltung». Der Tod Soleimanis werde den finalen Sieg des Islams gegen die Imperialisten nicht beeinträchtigen.
In einer im Fernsehen übertragenen Ansprache sagte Chamenei zudem, der Widerstand gegen die USA und Israel werde nun mit doppeltem Ansporn weitergehen. Zugleich rief er eine dreitägige Staatstrauer aus.
Am Freitag hat der Iran einen neuen Chef der Al-Kuds-Brigaden ernannt. Den Posten übernehme nach dem «Märtyrertod» des «glorreichen» Generals Soleimani der Brigadegeneral Esmail Kaani, teilt Chamenei mit.
Ruhani droht mit Vergeltung
Der iranische Aussenminister Mohammad Dschawad Sarif sprach von einer «extrem gefährlichen und dummen Eskalation». Er warf den USA einen brutalen terroristischen Angriff vor. Für die Konsequenzen trügen allein die Vereinigten Staaten die Verantwortung, erklärte Sarif auf Twitter.
Irans Präsident Hassan Ruhani hat die USA ebenfalls scharf verurteil und Vergeltung angekündigt. «Zweifellos werden der Iran und andere unabhängige Staaten dieses schreckliche Verbrechen der USA rächen», schrieb Ruhani in einem Beileidsschreiben. Diese feige Tat zeige die Verzweiflung der amerikanischen Nahostpolitik und wie die Amerikaner ihrer Interessen wegen alle menschlichen Prinzipien ausser Acht liessen.
«Diese Tat ist ein weiterer dunkler Fleck für die USA», schrieb der Präsident. Das ganze iranische Volk sei bestürzt über die Ermordung des Generals. Gleichzeitig verdoppele dieser Mord den Willen des Irans im Kampf gegen die Expansionspolitik der USA, schrieb Ruhani.
Senat wirft Trump Kriegsprovokation vor
Der demokratische US-Senator Chris Murphy (46) warf der Regierung Trump vor, den iranischen Kommandanten ohne Ermächtigung des Kongresses «ermordet» zu haben – und damit «wissentlich wohl einen massiven regionalen Krieg auszulösen».
Der republikanische US-Senator Marco Rubio hat die Tötung von Soleimani durch das amerikanische Militär dagegen als Selbstverteidigung gerechtfertigt. Der Iran und seine Stellvertreter seien von den USA gewarnt worden, schrieb Rubio am Donnerstagabend auf Twitter. Sie hätten diese Warnungen jedoch ignoriert, weil sie geglaubt hätten, Trump sei wegen innenpolitischer Streitereien nicht handlungsfähig.
«Sie haben sich schwer verkalkuliert», twitterte der Republikaner weiter. Der Präsident benötige keine Zustimmung des US-Kongresses, um auf Angriffe gegen die US-Streitkräfte zu reagieren oder solche zu verhindern. «Einige sind so von ihrem Hass auf Trump geblendet, dass sie behaupten, er habe etwas Unrechtmässiges getan. Das ist verrückt», twitterte Rubio.
«Dynamit in Pulverfass geworfen»
Auch Joe Biden hat sich mittlerweile zum Vorfall geäussert. Die USA stehen seiner Meinung nach nun «am Rande eines grösseren Konflikts im Nahen Osten». Trump habe soeben «eine Stange Dynamit in ein Pulverfass geworfen», schrieb der Präsidentschaftskandidat der Demokraten in einer am späten Donnerstagabend (Ortszeit) verbreiteten Stellungnahme. Zwar habe Soleimani es verdient, «für seine Verbrechen gegen amerikanische Soldaten» zur Rechenschaft gezogen zu werden. Doch habe der US-Angriff die bereits gefährliche Lage in der Region unnötig eskaliert, schrieb Biden.
Die demokratische Vorsitzende des US-Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, hat die Rechtmässigkeit des US-Raketenangriffs infrage gestellt. Der Angriff sei «ohne Absprache mit dem Kongress» erfolgt, schrieb Pelosi in einer Stellungnahme.
«Die höchste Priorität der US-Führung ist, das Leben von Amerikanern und deren Interessen zu schützen», erklärte die Demokratin demnach. Das Leben von US-Einsatzkräften und Diplomaten dürfe nicht weiter durch «provokative und unverhältnismässige» Handlungen gefährdet werden, warnte Pelosi. Der Luftangriff könne zu einer weiteren «gefährlichen Eskalation der Gewalt» führen.
Schweizer Geschäftsträger einberufen
Das iranische Aussenministerium hat am Freitag erneut den Geschäftsträger der Schweizerischen Botschaft in Teheran einberufen. Die Schweiz vertritt die Interessen der USA im Iran. Dem Diplomaten sei gesagt worden, dass «die Ermordung von General Soleimani» ein «eklatantes Beispiel für den amerikanischen Staatsterrorismus sei, und dass das amerikanische Regime für die Folgen der Tat voll verantwortlich sei», erklärte ein Sprecher des iranischen Aussenministeriums auf Twitter. Vom Schweizer Aussendepartement (EDA) lag zunächst keine Stellungnahme vor.
Das iranische Aussenministerium hatte bereits am Mittwoch einen Schweizer Diplomaten in Teheran einbestellt.
Zum Jahreswechsel hatten pro-iranische Milizen und Demonstranten in Bagdad versucht, die US-Botschaft zu stürmen. Es gelang ihnen, in die schwer bewachte «Grüne Zone» einzudringen. Der Angriff galt als Vergeltung für einen US-Raketenangriff auf pro-iranische Kräfte in Syrien und im Irak.(kes/man/SDA)
Der iranische General Qassem Soleimani tauchte in der Region immer dann auf, wenn es für den Iran um besonders viel ging. Sein Gesicht war vor allem in den Krisenländern Syrien und im Irak berühmt-berüchtigt, sein Ruf geradezu legendär.
Dort zeigte er sich gerne an der Seite schiitischer Milizen, die mit dem Irak eng verbündet sind. Er war zwar nicht der Kommandant der iranischen Revolutionsgarden (IRGC), aber als Leiter der im Ausland aktiven Al-Kuds-Brigaden genauso einflussreich.
Ihm und den Al-Kuds-Brigaden wurde stets vorgeworfen, die Doktrin des Exports der iranischen Revolution von 1979 umzusetzen. Gleichzeitig galt er als einer der Top-Strategen im Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) in Irak und Syrien. Im Iran selbst genoss er innerhalb der iranischen Führung den Ruf, ein absoluter Vorzeigesoldat zu sein. Auch von den Reformern, die die IRGC-Politik nicht immer befürworten, wurde er geschätzt und respektiert.
Soleimani kam 1957 in Kerman in Südostiran zur Welt. Schon in seinen jungen Jahre war er gegen die Monarchie im Iran und unterstützte die von Ajatollah Ruhollah Chomeini geleitete islamische Bewegung. Nach der Revolution 1979 wurde er Mitglied der neu gegründeten IRGC, die de facto als zweite Streitmacht des Landes neben der klassischen Armee agieren sollte. Schon während des achtjährigen Krieges gegen den Irak (1980-88) spielte er eine bedeutende Rolle bei der Bekämpfung des Regimes von Saddam Hussein. Danach war er sowohl in Afghanistan, Libanon und im Irak als Militärstratege tätig.
1997 wurde er Kommandant der Al-Kuds-Brigaden, die de facto als die IRGC-Einheit im Ausland angesehen wird. Sie spielt besonders im Syrien-Konflikt eine wichtige Rolle und half auch dabei, Präsident Baschar al-Assad an der Macht zu halten. Westliche Regierungen sahen in dem nun getöteten Soleimani jedoch einen Terroristen. Er galt als das militärische Gesicht der iranischen Einmischung in die Nachbarländer der Region. (SDA)
Der iranische General Qassem Soleimani tauchte in der Region immer dann auf, wenn es für den Iran um besonders viel ging. Sein Gesicht war vor allem in den Krisenländern Syrien und im Irak berühmt-berüchtigt, sein Ruf geradezu legendär.
Dort zeigte er sich gerne an der Seite schiitischer Milizen, die mit dem Irak eng verbündet sind. Er war zwar nicht der Kommandant der iranischen Revolutionsgarden (IRGC), aber als Leiter der im Ausland aktiven Al-Kuds-Brigaden genauso einflussreich.
Ihm und den Al-Kuds-Brigaden wurde stets vorgeworfen, die Doktrin des Exports der iranischen Revolution von 1979 umzusetzen. Gleichzeitig galt er als einer der Top-Strategen im Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) in Irak und Syrien. Im Iran selbst genoss er innerhalb der iranischen Führung den Ruf, ein absoluter Vorzeigesoldat zu sein. Auch von den Reformern, die die IRGC-Politik nicht immer befürworten, wurde er geschätzt und respektiert.
Soleimani kam 1957 in Kerman in Südostiran zur Welt. Schon in seinen jungen Jahre war er gegen die Monarchie im Iran und unterstützte die von Ajatollah Ruhollah Chomeini geleitete islamische Bewegung. Nach der Revolution 1979 wurde er Mitglied der neu gegründeten IRGC, die de facto als zweite Streitmacht des Landes neben der klassischen Armee agieren sollte. Schon während des achtjährigen Krieges gegen den Irak (1980-88) spielte er eine bedeutende Rolle bei der Bekämpfung des Regimes von Saddam Hussein. Danach war er sowohl in Afghanistan, Libanon und im Irak als Militärstratege tätig.
1997 wurde er Kommandant der Al-Kuds-Brigaden, die de facto als die IRGC-Einheit im Ausland angesehen wird. Sie spielt besonders im Syrien-Konflikt eine wichtige Rolle und half auch dabei, Präsident Baschar al-Assad an der Macht zu halten. Westliche Regierungen sahen in dem nun getöteten Soleimani jedoch einen Terroristen. Er galt als das militärische Gesicht der iranischen Einmischung in die Nachbarländer der Region. (SDA)