Codogno: Keine Schutzanzüge! 36-Stunden-Schichten! Krankenpfleger packt aus
«Hier herrscht das absolute Chaos»

Dort, wo «Patient 1» eingeliefert wurde, gab es die meisten Ansteckungen. Ärzte und Pflegepersonal arbeiten in 36-Stunden-Schichten. Ohne Schutzanzüge! Ein Krankenpfleger packt nun aus.
Publiziert: 24.02.2020 um 11:57 Uhr
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Aktualisiert: 18.03.2020 um 16:28 Uhr
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Die Ambulanz ist im Dauereinsatz. Infizierte und am Virus erkrankte Patienten werden in die verschiedenen Spitälern der Lombardei gebracht.
Foto: keystone-sda.ch
Myrte Müller

Panik im Spital von Codogno. Hier kam am 20. Februar 2020 «Patient 1» auf die Intensiv-Station. Der 38-jährige Italiener hatte im Vorfeld bereits Freunde und Familie angesteckt und im Laufe des Wochenendes auch Patienten und Krankenhaus-Personal infiziert. Seitdem steht das Spital unter Quarantäne. Ärzte, Pflegepersonal, Patienten – alle zusammengepfercht. Ohne Schutz vor dem Virus!

«Hier herrscht das absolute Chaos», sagt ein Krankenpfleger den italienischen Medien. Nichts sei dort unter Kontrolle. «Wir haben noch immer keinen einzigen Schutzanzug erhalten», klagt der aufgebrachte Mann weiter, «wir sind nicht für den Ernstfall ausgerüstet worden.»

So müssen Pfleger und Ärzte mit Mundschutz und Latex-Handschuhen arbeiten. Das war das Einzige, was die Equipe zur Verfügung gestellt bekam. Man habe schlicht nicht mit dem Coronavirus gerechnet und kein Schutz-Konzept gehabt. «Wir sind verzweifelt», so ein Arzt des Spitals.

Krankenhaus-Personal schiebt 36-Stunden-Schichten

Hinzu kommen extreme Arbeitszeiten. «Ich bin jetzt in meiner vierten Schicht», erzählt ein weiterer Mediziner des Krankenhauses der Zeitung «Il Giorno». Das Pflegepersonal sei übers Wochenende im Spital gefangen gewesen. Sie würden 36-Stunden-Schichten schieben, weil einfach die Ablösung nicht kommt. Unterdessen bombardieren Angehörige der internierten Patienten mit Anrufen die Krankenhauszentrale. Auch sie sind in grösster Sorge.

Doch nicht nur im Spital von Codogno ist die Not gross. Auch die Ärztekammer der Provinz Lodi steht unter Dauerbeschuss. «Uns rufen ständig Hausärzte aus den betroffenen Gebieten an. Sie diagnostizieren bei ihren Patienten den Coronavirus und wollen wissen, was sie tun sollen», sagt der Präsident Massimo Vajani der Nachrichtenagentur «Adnkronos Salute».

600 Gesichtsmasken für Haus- und Kinderärzte

Und immer ist es das gleiche Problem: Mangelnder Schutz gegen Ansteckung. Erst gestern, Montag, wurden 600 Gesichtsmasken an die Haus- und Kinderärzte verteilt. Viele der Hausmediziner hatten die Tage davor ihre Patienten ohne Mundschutz behandelt.

Die Praxen seien nur noch für Notfälle geöffnet, sagt Vajani weiter, «und Besuche erfolgen nur noch nach telefonischer Ankündigung. So sollen Ansammlungen von Menschen in den Wartesälen verhindert werden.» Auch sollen Hausärzte mehr telefonisch oder online beraten. Zweimal am Tag würde die Kammer zudem die Ärzte über einen Bulletin zum Stand des Coronavirus auf dem Laufenden gehalten werden.

Was ist das Coronavirus?

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