«Als Onlineshop brauchen wir Google Ads zwingend»
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Fehler mit fatalen Folgen:«Als Onlineshop brauchen wir Google Ads zwingend»

Aargauerin verkauft Znüni-Boxen – Online-Agentur macht bösen Fehler
«Plötzlich verlangte Google 34'000 Franken mehr von mir!»

Der auf Znüniboxen spezialisierte Webshop Nikimo macht bei Google Werbung, damit er online gefunden wird. Weil die zuständige Agentur jedoch einen Fehler macht, explodieren plötzlich die Kosten dafür. Nun ist das Herzensprojekt in seiner Existenz bedroht.
Publiziert: 08.03.2024 um 00:01 Uhr
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Aktualisiert: 08.03.2024 um 06:28 Uhr
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Nicole Bürkli (41) aus Hellikon hat den kleinen Webshop Nikimo aufgebaut.
Foto: Daniel Jung
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Daniel JungRedaktor News

Dank Werbung wollte Nicole Bürkli (41) aus Hellikon AG mehr Znüni-Boxen in ihrem kleinen Internet-Shop verkaufen. Stattdessen hat die Kleinunternehmerin und Tagesmutter jetzt 60'000 Franken an Schulden am Hals! Und das, obwohl die 41-Jährige nichts falsch gemacht hat.

Damit die Kunden ihr Angebot finden, macht Bürkli Werbung bei Google. Dank Google Ads taucht der Shop bei den Suchresultaten für Znüni-Geschirr und Bento-Boxen weit oben auf. Um diese Werbemassnahme kümmert sich eine Online-Agentur* aus Winterthur ZH. Bürkli sagt: «Wir haben diesen Bereich bewusst an Spezialisten übergeben, da er sehr komplex ist.» Gleichzeitig sei Sichtbarkeit bei Google für einen Onlineshop jedoch essenziell.

Dieser Service kostet Bürkli 732 Franken im Monat. Hinzu kommen die Anzeigekosten, die Google in Rechnung stellt. Die Höhe ist vertraglich geregelt und direkt abhängig vom Umsatz, den Bürklis Onlineshop macht. «Wir planen bis zu einem Viertel unseres Umsatzes für Google-Werbung ein», sagt Bürkli. Mehr nicht. Nach dem Wareneinkauf ist Google der zweitgrösste Ausgabenpunkt für den kleinen Webshop, den Bürkli neben ihrer Tätigkeit als Tagesmutter und Familienfrau betreibt.

Verzögert bemerkt wegen Kreditkarte

Im Juli 2023 fällt Bürkli aber erstmals auf, dass die Kosten für Google Ads viel höher sind, als sie es sein sollten. Sie ruft bei der Agentur an, bittet um Klärung. Die zuständige Mitarbeiterin erklärt ihr, dass Korrekturen gemacht würden und ein solches Resultat nicht wieder vorkäme.

Doch das erweist sich als Irrtum. Entsetzt stellt Bürkli am 22. November 2023 fest, dass die Kosten im Vergleich zum Umsatz zuletzt richtiggehend explodiert sind. «Plötzlich verlangte Google 34'000 Franken mehr von mir!», sagt sie. Die Zusatzkosten sind so hoch, dass die Existenz des Betriebes gefährdet ist. Die missliche Lage fällt der Geschäftsfrau erst verzögert auf, weil die Kosten für Google Ads ihrer Kreditkarte belastet werden.

Bürkli reagiert, lässt ihr Google-Ads-Kontos durch eine andere IT-Firma überprüfen. Das Ergebnis: Die hohen Kosten zwischen Juni und November 2023 sind das Resultat von falschen Einstellungen seitens der Online-Agentur aus Winterthur. Statt am Umsatz orientieren sich die Kosten für die Werbung nämlich am Warenkorb. Ein riesiges Problem, denn nur weil Artikel von den Kunden in den Warenkorb gelegt werden, werden sie noch lange nicht gekauft. Heisst: die Kosten für Bürklis Werbung beruhen auf an Fantasiezahlen, nicht auf Geld, das sie tatsächlich verdient.

Verwandte um Darlehen gebeten

Zu den Mehrkosten von rund 34'000 Franken kommt noch entgangener Umsatz aufgrund der fehlerhaften Google-Ads-Einstellungen hinzu. Mittels Vergleichs mit den Vorjahren wird dieser auf nochmals rund 30'000 Franken geschätzt. Insgesamt beläuft sich der Schaden für die Nikimo GmbH auf mehr als 60'000 Franken. «Wir stehen jetzt mit Schulden da», sagt Bürkli. «Es fühlt sich nicht gut an, Verwandte um Darlehen zu bitten – aber ich musste das tun.» 

Unterdessen ist die Agentur nicht bereit, einen relevanten Anteil des Schadens zu übernehmen, obwohl sie den Fehler verursacht hat. «Ich würde mir nach wie vor auch eine Entschuldigung wünschen», sagt Bürkli, die seit dem Herbst auf ihren Teilzeit-Lohn verzichten hat, um das entstandene Finanzloch zu stopfen. 

Der Rechtsweg ist sehr teuer

Bei einem Treffen am 19. Dezember 2023 mit den beiden Geschäftsführern der Agentur kann derweil keine Einigung erzielt werden. Zwei Tage später macht die Agentur dann das Angebot, 7500 Franken zu übernehmen, sofern die Zusammenarbeit fortgeführt wird. Die Firma offeriert zusätzlich noch Marketing-Sachleistungen – welche Bürkli jedoch in diesem Moment gar nicht braucht. Sie sagt: «Das hätte unsere finanziellen Probleme nicht gelöst.» Die Situation ist sehr belastend. «Ende des Jahres konnte ich kaum noch schlafen», so die 41-Jährige. 

Eine Fortführung der Zusammenarbeit mit der Firma erscheint Bürkli nicht mehr sinnvoll – auch weil noch weitere Fehler auftauchen. Inzwischen gibt es keinen Kontakt mehr zur Agentur. Auf einen Brief, den Bürklis Anwalt im Januar 2024 verschickt, reagiert die Firma nicht mehr. Spätere Kontaktversuchen bleiben ebenfalls erfolglos. Auch gegenüber Blick will die Firma keine Stellung nehmen. 

Inzwischen hat Nikimo eine Betreibung gegen die Agentur eingereicht, von der Firma jedoch den Rechtsvorschlag erhalten. Das heisst: Die Agentur erkennt die Schuld nicht an. Bürkli müsste sich jetzt an ein Gericht wenden, um die Betreibung weiterzuverfolgen. Das hätte für sie jedoch erhebliche finanzielle Risiken. Für einen kleinen Webshop ist der Rechtsweg zu langsam und zu teuer. Bürkli sagt: «Für uns ist diese Frage essenziell, denn es geht auch hier nicht um einen kleinen Betrag.»

*Name bekannt 

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