Zwei Mal ist die Idee an der Urne gescheitert und mehrfach im Parlament. Am Dienstag hat der Ständerat einen neuen Anlauf genommen, den umstrittenen Eigenmietwert zu kippen. Und er machte ernst: Mit 20 zu 17 Stimmen bei zwei Enthaltungen sagte er am Dienstag knapp Ja zu Abschaffung des Eigenmietwerts.
Selbstbewohnte Zweitliegenschaften aber sollen sowohl auf Bundes- als auch auf Kantonsebene wie bis anhin versteuert werden, ebenso die Einnahmen aus vermieteten oder verpachteten Liegenschaften. Der Bundesrat und eine Minderheit wollten den Eigenmietwert auch bei selbstbewohnten Zweitliegenschaften abschaffen.
Schuldzinsen teils abziehbar
Zudem soll der Abzug von Schuldzinsen unter bestimmten Bedingungen weiterhin möglich sein. Mit 28 zu 15 Stimmen hat sich der Rat dagegen ausgesprochen, alle Abzüge zu streichen. So sollen nach dem Willen einer Mehrheit Schuldzinsen, die Gewinnungskosten darstellen, weiterhin abzugsfähig sein. Der Schuldzinsenabzug soll im Umfang von 70 Prozent der steuerbaren Vermögenserträge weiterhin erlaubt sein.
Eine Mehrheit der vorberatenden Kommission wollte gar keine Schuldzinsabzüge mehr zulassen, um die hohe Privatverschuldung zu reduzieren, die vor allem auf Hypothekarschulden zurückzuführen sei.
Im Rat waren die Mehrheiten klar. Die SP wehrte sich gegen die Abschaffung, FDP, SVP und Mitte argumentierten dafür.
Bischof: «Eigenmietwert wird nicht verstanden»
«Der Eigenmietwert wird nicht verstanden», sagte Pirmin Bischof (Mitte, SO) für die Wirtschaftskommission des Ständerats, die die Vorlage ausarbeitete. «Der Eigenmietwert ist ein Einkommen, das versteuert werden muss, nicht aber eine teure Yacht oder eine teure Kunstsammlung.» Das verstehe niemand.
Gleichzeitig sei die Schweiz eines der am stärksten verschuldeten Länder Europas, sagte Bischof. Nicht was den Staat betreffe, sondern bei der privaten Verschuldung. «Wenn Sie Schulden machen, werden Sie vom Staat belohnt – wenn Sie keine Schulden machen, werden Sie dafür bestraft.»
Mehr zum Eigenmietwert
Der Eigenmietwert werde als Druck und Ungerechtigkeit empfunden, argumentierte Hannes Germann (SVP, SH), «gerade wenn das Haus abbezahlt ist. Man versteht die Steuer einfach nicht.»
FDP-Ständerat Josef Dittli (UR) erklärte, er empfehle, auf die Vorlage einzutreten, man dürfe nun aber nicht den Fehler machen, die Vorlage zu überladen. Auch eine zu radikale Änderung müsse verhindert werden.
SP-Rechsteiner: «Missratene Vorlage»
«Was lange gedauert hat, ist trotzdem nicht gut», sagte hingegen Paul Rechsteiner (SP, SG). «Die missratene Vorlage widerspricht der Steuergerechtigkeit diametral – und sie würde zu starken Mindereinnahmen für Bund und Kantone führen.»
Hauseigentümer würden gegenüber Mieterinnen und Mietern viel besser fahren. Die Preise für Eigentumswohnungen und Einfamilienhäuser seien stark gestiegen, sagte Rechsteiner. «In den vergangenen zwanzig Jahren haben die Eigentümer von starken Wertsteigerungen profitiert, davon können alle anderen nur träumen.» Der Eigenmietwert schaffe den Ausgleich von Eigentümern gegenüber den Mieterinnen und Mietern.
«Der Eigenmietwert mag als ungerecht erscheinen, er schafft aber Gerechtigkeit.» Die Finanzdirektoren der Kantone verlangen eindringlich, nicht auf die Vorlage einzutreten. Dieser gewichtigen Stimme solle der Rat folgen, meinte Rechsteiner.
Levrat kritisiert «Gebastel»
«Wir beschäftigen uns hier mit einem Projekt, das vor dem Volk nie bestehen wird», ergänzte SP-Ständerat Christian Levrat (FR). Die Vorlage sei ein «bricolage» – ein Gebastel. Wenn 21 Kantone gegen die Vorlage seien, sei das Gesetz schon heute gescheitert. Auch SP-Ständerätin Eva Herzog (BS) sprach von einem «ausgewogenen System», das heute gelte.
Anders als seine SP-Kolleginnen und Kollegen unterstützte Roberto Zanetti (SP, SO) ein Eintreten auf die Vorlage. Er habe die «einfachen Leute» vor Augen, die diesen Eigenmietwert nicht verstehen würden. «Wenn wir dieses Ärgernis beseitigen können, dann schaffen wir mehr Klarheit im Steuersystem.»
Der Bundesrat habe sich immer offen gezeigt für eine Abschaffung des Eigenmietwerts, sagte Finanzminister Ueli Maurer. Dass es vier Jahre gebraucht habe, eine Vorlage zu erarbeiten, zeige, dass die Vorlage komplex sei.
«Auch bei dieser Vorlage wird der Teufel wohl im Detail liegen.» Es gehe darum, eine nachvollziehbare Vorlage zu verabschieden, damit sie auch eine Volksabstimmung bestehen könne. Als nächstes ist der Nationalrat am Zug. (SDA)
Hausbesitzer, die in ihren eigenen vier Wänden wohnen, müssen bis jetzt die fiktive Miete als Einkommen versteuern. Es handelt sich beim Eigenmietwert also um eine bloss theoretische Einnahme, die der Hausbesitzer erzielen könnte, wenn er seine Liegenschaft vermieten würde.
Heute kann der Hauseigentümer, der die Liegenschaft selbst bewohnt, die steuerliche Mehrbelastung durch den Eigenmietwert mit zahlreichen Abzugsmöglichkeiten kompensieren: Er kann Unterhaltsarbeiten an der Immobilie und die Schuldzinsen steuerlich geltend machen. Letzteres ist der Grund dafür, weshalb viele ihre Hypothekarschulden nicht zurückzahlen.
Hausbesitzer, die in ihren eigenen vier Wänden wohnen, müssen bis jetzt die fiktive Miete als Einkommen versteuern. Es handelt sich beim Eigenmietwert also um eine bloss theoretische Einnahme, die der Hausbesitzer erzielen könnte, wenn er seine Liegenschaft vermieten würde.
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