Zahlen nach Gusto
Steuer-Mathematik im Bundesrat

In Abstimmungskämpfen sind Zahlen zentral – besonders, wenn es um Steuervorlagen geht. Doch der Umgang des Bundesrats mit Zahlen lässt zu wünschen übrig, findet Bundeshausredaktor Danny Schlumpf.
Publiziert: 07.05.2023 um 09:48 Uhr
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Aktualisiert: 07.05.2023 um 13:49 Uhr
Die OECD-Mindeststeuer stellt kaum jemand infrage. Umstritten ist die Verteilung der zusätzlichen Einnahmen.
Foto: keystone-sda.ch
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Danny SchlumpfRedaktor SonntagsBlick

Im Herbst stimmte das Volk über die Verrechnungssteuer-Reform ab. Die Befürworter schwadronierten von 900 Milliarden Franken, die der Schweiz nach einem Ja zufliessen würden. Belege? Fehlanzeige.

Der Bundesrat liess die Fantasiezahl im Raum stehen – und gab noch einen drauf. «In den letzten zwölf Jahren sind bereits 60 Prozent des Obligationenvolumens ins Ausland abgewandert», behauptete SVP-Finanzminister Ueli Maurer, um vor einem Nein zu warnen.

Wie diese wuchtigen Zahlen zustande kamen, erklärte das Finanzdepartement nie. Experten zerpflückten sie. Das Volk lehnte die Reform ab.

2023 wirbt die neue FDP-Finanzministerin Karin Keller-Sutter für ein Ja zur OECD-Mindeststeuer. Die Steuer an sich stellt kaum jemand infrage. Umstritten ist die Verteilung der zusätzlichen Einnahmen.

Keller-Sutter beteuert, dank des Finanzausgleichs würden alle Kantone von der Reform profitieren. Doch was heisst das konkret? Im Unterschied zu ihrem Vorgänger trägt Keller-Sutter keine falschen Zahlen vor – sie liefert überhaupt keine. Die Wochenzeitung «Woz» hat gerechnet. Das Ergebnis: Die Konzern-Kantone kassieren ab, der Rest guckt in die Röhre. So spült die Reform dem Kanton Zug jährlich 1625 Franken pro Kopf in die Kasse, in Basel-Stadt sind es 1337. Über 20 Kantone hingegen kriegen weniger als 200 Franken pro Kopf.

Was sagt das Finanzdepartement zu diesen Zahlen? Nichts.

Falsche Zahlen, keine Zahlen – vielleicht versucht es der Bundesrat zur Abwechslung einmal mit Transparenz. Der Stimmbürger dankt.

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