Die Abtei Einsiedeln verdient das Prädikat «Vorzeigekloster». Selbst reformierte Kirchenfürsten pflegten ihre Kinder ins katholische Internat nach Einsiedeln zu schicken, damit sie dort die beste Bildung des Landes erhalten. Und Abt Urban Federer ist einer der seltenen Hoffnungsträger des Schweizer Katholizismus: weltoffen, zugewandt – sogar bescheiden, obwohl er zu Höherem berufen scheint. Beinahe wäre er nach Rom befördert worden, um von dort die weltweiten Geschicke des Benediktinerordens zu leiten. Nachdem dies nicht geklappt hat, wird Federer als künftiger Bischof von Chur gehandelt.
Umso verstörender sind die Vorwürfe, die nun gegen das Kloster Einsiedeln erhoben werden. Müssen unweit der Schwarzen Madonna von Einsiedeln, zu der jährlich eine halbe Million Menschen pilgern, tatsächlich Pferde leiden? Wie passt das mit dem Respekt vor der Schöpfung zusammen, die Christen heilig ist?
Was man Einsiedeln zugutehalten muss: Das Kloster unterhält die wahrscheinlich transparenteste Pferdestallung der Schweiz. Jeder, der will, darf vorbeischauen und sich vor Ort selbst ein Bild machen. Doch das genügt nicht. Abt Urban Federer muss die Vorwürfe schonungslos aufklären, entschlossen handeln – und sich erklären. Das Image der katholischen Kirche ist ramponiert genug. Es wäre jammerschade, wenn Einsiedelns guter Ruf in Mitleidenschaft gezogen würde.