Bruder Gerold Zenoni zeigt die Gewänder der Schwarzen Madonna
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«Die Arbeit ist ein Privileg»:Bruder Gerold zeigt die Gewänder der Schwarzen Madonna

Kloster Einsiedeln SZ
Die Mode der Schwarzen Madonna

Keiner kommt der Muttergottes so nahe wie Bruder Gerold: Der Benediktinermönch ist verantwortlich für die festliche Garderobe der Schwarzen Madonna im Kloster Einsiedeln.
Publiziert: 18.12.2023 um 10:26 Uhr
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Aktualisiert: 18.12.2023 um 12:00 Uhr
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Eine Fashion-Ikone in Einsiedeln: die Schwarze Madonna.
Foto: Thomas Meier
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Katja RichardRedaktorin Gesellschaft

Sie ist nicht die einzige Schwarze Madonna der Welt, aber sicher eine der am besten gekleideten. Kaum eine andere besitzt so viele kostbare Kleider wie die Muttergottes im barocken Kloster Einsiedeln SZ. Eingekleidet wird sie von Bruder Gerold Zenoni (65), der Benediktiner ist der Garderobier der Madonna – im Dezember ist modische Hochsaison.

Als wir die Gnadenkapelle betreten, trägt die Madonna schlichtes Weiss, in ihrem goldenen Strahlenkranz kommt es besonders schön zur Geltung. Pro Jahr wechselt sie ihr Gewand etwa 20 Mal: «Die festliche Zeit ist auch die strengste Zeit punkto Kleiderwechsel», so Bruder Gerold. Die Farben richten sich nach der Liturgie des katholischen Kirchenjahrs, die Adventszeit ist violett, Rot steht für Feste von Märtyrern, Grün für normale Tage und Weiss etwa für Weihnachten.

Spirituelle Modeshow

Insgesamt 37 Gewänder stehen der Schwarzen Madonna zur Verfügung, diese werden in der Sakristei aufbewahrt. Hier präsentiert Bruder Gerold eine spirituelle Modeshow. «Ein Kleid besteht aus drei Teilen», erklärt er. Aus flachen Holzschubladen, die auf Mass in der Schreinerei gefertigt wurden, zieht er ein Modell nach dem anderen heraus. Es ist jeweils ein Mantel, ein Schleier und das Gewand für das Jesuskind. Das Schnittmuster ist eine einfache Trapezform, umso aufwendiger sind die Stoffe, aus denen die Gewänder gefertigt sind. Das älteste ist fast 350 Jahre alt: «Das Engelweih-Kleid besteht aus violettem Atlas, unzähligen Goldblättern und feinster Goldstickerei.» Das «Schönste und Köstlichste» sei jedoch das Modell aus dem Jahr 1792, mit einem Silberboden, auf dem goldene Engel gestickt sind. «Es ist das wertvollste Kleid, das wir haben», so Bruder Gerold.

Laden zur spirituellen Modeshow der Madonna: Bruder Gerold (rechts) und Pater Philipp.
Foto: Thomas Meier

Damit ist mehr als der antike Stoff gemeint. «Es geht nicht bloss um den materiellen Wert, sondern darum, einen Ort zu schaffen, an dem Menschen ihren Glauben und ihre Dankbarkeit ausdrücken können», ergänzt Pater Philipp (38), der uns bei der spirituellen Modestrecke begleitet. So erzählt jedes dieser Gewänder eine Geschichte, wie das leuchtend-rote Kleid von einem Ehepaar aus Südkorea. «Sie konnten lange Zeit keine Kinder bekommen und haben sich an die Muttergottes gewandt», sagt Bruder Gerold. «Als sie erhört wurden, haben sie als Dank ein Kleid aus koreanischer Seide gespendet.»

Religion spielt keine Rolle

Denn neben aufwendiger und kostbarer Handarbeit aus vergangenen Jahrhunderten werden auch noch in den 2000er-Jahren Gewänder für die berühmte Madonna gefertigt. Darin spiegeln sich eine gelebte Spiritualität und die internationale Ausstrahlung der Gottesmutter, die sowohl über geografische wie religiöse Grenzen hinausreicht. So stammt eines der neuesten Kleider von einer Muslimin. Sima Ansaria ist Modeschöpferin und vor über 20 Jahren aus dem Iran geflüchtet. Sie besucht die Muttergottes sehr oft, die Religion macht für sie keinen Unterschied. Zumal Maria auch im Islam grossen Respekt geniesst: Die Mutter von Jesus ist die einzige mit Namen erwähnte Frau im Koran.

Das prunkvolle blaue Gewand ist mit katholischen Insignien wie dem Kreuz und einem Fisch bestickt und gehört zu den Favoriten bei den Besucherinnen und Besuchern der Gnadenkapelle. Einigen Mönchen in Einsiedeln ist es etwas zu viel Glitzer: «Wir mögens gern etwas schlichter, aber der Orientalin Maria wirds wohl ebenfalls gefallen», sagt Pater Philipp und lacht.

Das älteste Gewand: Das Engelweih-Kleid von 1685 – das kleinere Model ist für das Jesuskind.
Foto: Thomas Meier

Bruder Gerolds liebstes Gewand stammt aus Mailand: Ein reich besticktes Pfingstornat aus Rot und Gold von 1750, das von einem Fürstabt gestiftet wurde. Es ist ebenfalls in seinem Buch «Madonnas Fashion» von 2015 dokumentiert, damals besass sie noch 33 Gewänder. Inzwischen hat Abt Urban Federer (55) der Muttergottes einen Kleiderstopp auferlegt – zumindest vorläufig. Denn es ergeht der heiligen Frau nicht anders wie vielen von uns irdischen Frauen: Zu wenig Platz, und sie kann gar nicht alle anziehen. Und so schön die Kleider für Sinne und Seele auch seien, so sollen sie doch nicht von der Botschaft der Einsiedler Madonna ablenken, sagt Pater Philipp. «Sie möchte Jesus Christus in unser Leben bringen.»

Statt über neue Kleider freue man sich über Spenden, um die bestehenden Gewänder und den Wallfahrtsort zu erhalten. «Wir sind jedoch kein Museum, die Kleider werden benutzt, sagt Bruder Gerold. Oft bitten ihn Pilger, das Gewand der Madonna berühren zu dürfen. «Das macht den Glauben konkret und fassbar.»

Modischer Höhepunkt zu Weihnachten

Das traditionelle Weihnachtsgewand für die Madonna stammt aus dem Jahr 1734.
Foto: Thomas Meier

Zu den Höhepunkten der Festtage gehört das Weihnachtsgewand der Madonna. Traditionellerweise kommt dafür das Urner- oder Bessler-Kleid von 1734 zum Einsatz. «Als waschechter Urner freue ich mich darüber und kokettiere in aller Bescheidenheit damit», so Bruder Gerold. Er legt der Madonna das Gewand jeweils an Heiligabend an, bevor die Pforten für die feierliche Mitternachtsmesse geöffnet werden. Dafür steigt er auf eine Leiter und wird dabei von einem seiner Mitbrüder unterstützt: «Von unten sieht er, ob der Saum richtig sitzt und ob die Krone gerade ist.» Denn selbstverständlich ist die Madonna nicht nur mit prächtigen Kleidern, sondern auch mit Schmuck und Ornamenten ausgestattet. Diese werden teils in einer alten Zigarrenkiste aufbewahrt, die Aufschrift «Churchill Pub» ist überklebt.

Beim Umkleiden dürfen keine Kameras dabei sein – schliesslich soll nicht jeder der heiligen Mutter unter den Rock schauen. Nackt wäre die Madonna darunter jedoch keineswegs. Die 117 Zentimeter hohe Marienfigur ist aus einfachem Lindenholz gefertigt und trägt ein bescheidenes rotes Kleid. Die altgotische Figur ist seit 500 Jahren im Kloster und wurde wohl von Anfang an mit einem Schleier bekleidet. Seit dem 17. Jahrhundert ist es ein Kleid in der spanischen Hoftracht. Das Prunkornat mit Zepter und Krone wird bis heute beibehalten.

Eine Krone der Madonna: Unter dem violetten Edelstein befindet sich die schwarze Perle, die Kaiser Karl, der Gatte von Kaiserin Zita, bei einem Besuch im Kloster Einsiedeln der Muttergottes verehrt hat.
Foto: Thomas Meier

Zudem ist die Madonna mit einem steifen Unterrock ausgestattet, den sie immer anbehält: «Damit fallen ihre Gewänder schöner», erklärt Bruder Gerold. Er ist 1980 ins Kloster Einsiedeln eingetreten. Als Garderobier ist er seit über 20 Jahren im Einsatz, ein Dienst, der intern als Privileg gilt. Denn niemand sonst kommt dem Einsiedler Gnadenbild regelmässig so nahe wie er. «Beim Wechseln der Gewänder schaue ich in ihr schönes Gesicht, und es gibt immer wieder kurze und stille Momente, in denen ich der Muttergottes meine Anliegen anvertrauen darf.» Was er der Madonna ins Ohr flüstert, und ob sie ihm antwortet? Dazu schweigt und strahlt Bruder Gerold nur.

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