Die SBB müssen wieder top werden!
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Blickpunkt über unsere Züge:Die SBB müssen wieder top werden!

BlickPunkt über unsere Bundesbahnen
Die SBB müssen wieder top werden!

Es ist noch nicht so lange her, da waren wir alle stolz auf unsere Bundesbahnen. Heute aber verursachen sie viel Frust und Ärger – wenn nicht Trauer. Es ist höchste Zeit, dass sie wieder funktionieren, wie die Nation es von ihren SBB erwartet.
Publiziert: 16.08.2019 um 23:36 Uhr
Christian Dorer, Chefredaktor Blick-Gruppe

Pünktlich, sauber, zuverlässig: Dafür standen die Schweizerischen Bundesbahnen seit ihrer Gründung anno 1902.

Heute geben die SBB ein völlig anderes Bild ab. Wer viel Bahn fährt, spürt es am eigenen Leib: Technische Probleme, Umleitungen, Verspätungen und Zugsausfälle haben teilweise dramatisch zugenommen. 

Die Bahn verweist auf ihre Statistik, laut der mehr als 90 Prozent der Züge pünktlich fahren – gemäss SBB-Definition mit maximal drei Minuten Verspätung. Doch mit Statistiken ist es so eine Sache: Was nützt es dem Pendler, der zur Stosszeit seinen Anschluss verpasst, wenn der leere Zug spätabends auf die Minute kommt?

Und wer die Pünktlichkeitsdaten unabhängig von den SBB auswertet, kommt zu ganz anderen Ergebnissen: Im letzten Herbst wies die «NZZ am Sonntag» nach, dass jeder dritte Intercity auf der Paradestrecke Zürich–Bern verspätet war! 

Defekte Türen, defekte WCs, defekte Klimaanlagen erscheinen in keiner Statistik. Erst recht nicht, wenn der Zug plötzlich kürzer ist als vorgesehen und deshalb komplett überfüllt. Bombardier sei schuld, lassen die SBB verlauten – weil die 62 neuen Fernverkehrszüge mindestens fünf Jahre verspätet kommen und deshalb derzeit alles rollen muss, was Räder hat.

Fallen dann aber Züge wegen Lokführermangel aus, gibt es endgültig keine Ausrede mehr. Zumal sich das Problem noch verschärft, wenn in den nächsten fünf Jahren rund 1000 Lokführer pensioniert werden!

Beinahe absurd erscheinen manche Massnahmen der SBB. Sie mögen in der Not sinnvoll sein, passen aber besser zu einer Bananenrepublik: wenn verspätete Züge einfach Stationen auslassen, um Zeit aufzuholen. Oder Passagiere im Tessin wieder aussteigen müssen, weil durch den neuen Gotthardtunnel keine überfüllten Züge fahren dürfen.

Ausgerechnet in dieser ohnehin schwierigen Lage geschah der tragische Unfall von Baden AG: Ein Zug-Chef wurde zu Tode geschleift, weil ihn bei der Abfahrt eine Waggon-Tür eingeklemmt hatte. Die Öffentlichkeit erfuhr es erst durch eine Indiskretion. Und SBB-Chef Andreas Meyer behauptete, für Passagiere bestehe keine Gefahr – bis sein Unternehmen gestehen musste, dass in vier Jahren 86 Passagiere eingeklemmt und inzwischen weitere Türen mit defektem Einklemmschutz entdeckt worden waren. Die SBB-Mitarbeiter reagieren mit Trauer, dann mit Wut und Vorwürfen an die Unternehmensleitung.

Aber sind sie, sind wir da nicht einfach zu anspruchsvoll? Jammern wir auf hohem Niveau – und merken gar nicht, wie gut unsere Bahnen im Vergleich zum Ausland immer noch sind?

Nein, ganz im Gegenteil: Ein Unternehmen, das Jahr für Jahr 3,5 Milliarden Steuerfranken erhält, muss funktionieren. Und sobald sich kritische Fragen stellen, muss die Unternehmensleitung sie zügig beantworten.

Es ist zu leicht, jetzt den Kopf des Hauptverantwortlichen zu fordern. Und es wäre völlig falsch: SBB-Chef Andreas Meyer ist seit 13 Jahren im Amt. Er kennt den Betrieb in- und auswendig. Meyer darf erst dann abtreten, wenn er die SBB wieder pünktlich, sauber und zuverlässig gemacht hat.

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