SBB-Chef Andreas Meyer ist den Tränen nahe
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Nach Tod von Zugbegleiter:SBB-Chef Andreas Meyer ist den Tränen nahe

Tödlicher Unfall in Baden
Zugbegleiter Bruno R. mehrere Kilometer mitgeschleift

In der Nacht auf Sonntag wurde der SBB-Zugbegleiter (†54) in Baden AG in einer Türe eingeklemmt und mitgeschleift. Bei dem Unfall wurde er tödlich verletzt. Morgen Freitag gedenken Kollegen mit einer Schweigeminute im Zürcher HB des Todesopfers.
Publiziert: 08.08.2019 um 08:55 Uhr
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Aktualisiert: 24.10.2019 um 14:09 Uhr
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Zugbegleiter Bruno R. (†54) wurde von der Türe eingeklemmt und mitgeschleift.
Foto: zvg
Nicole Bruhin, Johannes Hillig, Sven Zaugg, Sermîn Faki

Das Drama ereignet sich Sonntagnacht um 0.10 Uhr im Bahnhof Baden AG. Bei der Abfertigung eines Interregios wird Bruno R.* (†54), Chef-Kundenbegleiter der SBB, tödlich verletzt. Wie BLICK aus SBB-Kreisen erfahren hat, wird der 54-Jährige von der Zugstüre eingeklemmt und dann mehrere Kilometer mitgeschleift.

Der tragische Vorfall passierte am fünftletzten Wagen: «Das Einklemmschutzsystem hat an dieser Tür versagt. Somit wurde die Schliesskraft nicht deaktiviert – und die Türflügel trafen den Mann mit voller Wucht. Das haben die Spuren am Sonntagmorgen ergeben», sagt Philippe Thürler von der Schweizerischen Sicherheitsuntersuchungsstelle (SUST) zu BLICK.

Lokführer bemerkte nichts

Der Lokführer selbst hatte den tragischen Unfall nicht bemerkt – der Zug ist etwa 250 Meter lang. Und er fuhr los, als das Lämpchen im Führerstand erlosch, das anzeigt, ob eine Türe offen ist. Passanten am Bahnhof Baden beobachteten den Horror-Unfall und alarmierten die SBB. Unterdessen hat der Zug mit dem eingeklemmten Mann bereits Fahrt aufgenommen. Thürler: «Der Zug hat erst dann angehalten, als er von der Betriebsleitstelle informiert wurde.»

Wie weit genau Bruno R. mitgeschleift wurde, will Thürler nicht sagen. Zugbegleiter am Bahnhof Baden sagen zu BLICK: «Er wurde mehrere Kilometer mitgeschleift.» Thürler bestätigt lediglich, dass der Zug wegen des Vorfalls auf der Strecke vor Spreitenbach ausserordentlich gehalten habe. 

Wie genau der Unfall passiert ist, kann trotz Kameras am Bahnhof nicht mit Bildern geklärt werden. Denn genau auf dieser Seite des Gleises sind keine Kameras angebracht. «Wir sind deshalb auf die Spuren angewiesen», sagt Thürler. Die Gefahr, dass sich ein solcher Vorfall mit dem Zugtyp EW IV wiederholen könnte, bestehe weiterhin. Das Risiko sei dabei für die Zugbegleiter grösser als für Passagiere. Denn der Zugchef schliesst die Türen und beobachtet, ob auch alle Türen zugehen. Erst danach schliesst er seine Tür, die als einzige noch offen bleibt.

Schweigeminute im Zürcher HB

Der tödliche Unfall hat bei den SBB grosse Betroffenheit ausgelöst. Die Arbeitskollegen am Bahnhof Baden sind immer noch geschockt. Er sei ein netter und angenehmer Kollege gewesen. Morgen Freitag, um 13 Uhr werden Zugbegleiter und Lokführer in der Bahnhofhalle des Hauptbahnhof Zürich eine Schweigeminute zum Gedenken an den Kollegen abhalten.

In einem emotionalen Post schreibt ein SBB-Mitarbeiter: «Wir lassen den Bahnhof durch unsere Pfeifen erbeben, dass es bis Bern und bis in den Himmel zu hören ist, bevor wir für Bruno schweigen. Der Moment soll Bruno gehören, ihm zum Gedenken und zur Ehre. Danach fordern wir Antworten, keine Betroffenheitsbekundungen. Die Sicherheitssysteme sind unsere Lebensversicherung.»

Die SBB haben am Mittwoch ihre Mitarbeiter über den tragischen Unfall informiert. In der Mitteilung heisst es, dass derzeit die unabhängige Schweizerische Sicherheitsuntersuchungsstelle (SUST) und die entsprechenden Stellen der SBB detaillierte Untersuchungen durchführen würden. Aussagen zum genauen Unfallhergang seien deshalb derzeit noch nicht möglich.

SBB-Chef Meyer emotional: «Uns macht das enorm betroffen» 

SBB-Chef Andreas Meyer sagt zu BLICK: «Uns macht das alle enorm betroffen. Die SUST sagt, es sei ein technischer Defekt. Wir können uns das fast nicht erklären, weil der Wagen nur wenige Tage zuvor in Revision gewesen war.»  Die Türen dieser Züge würden nun überprüft. Für Reisende bestehe keine Gefahr.  «Wir haben mit den Angehörigen Kontakt aufgenommen.»

Meyer selbst ist den Tränen nahe, sagt mit brüchiger Stimme. «Sowas schüttelt man nicht einfach so aus den Kleidern.»

Innerhalb der SBB ist der Schock gross. Ein Arbeitskollege schreibt: «Unsere Gedanken sind bei seinen Angehörigen und Freunden, bei den Kondukteuren, die ihn begleitet haben und beim Lokführer des Unglückszugs. Niemand kann sich vorstellen, was sie jetzt durchmachen.» 

SBB lässt Abfertigungsprozesse überprüfen

Die Leitung von SBB Personenverkehr hat unabhängig von den kommenden Untersuchungsergebnissen entschieden, die Abfertigungsprozesse sofort zu überprüfen. Auch werden die Wagentüren des entsprechenden Zugtyps einer vertieften Nachkontrolle unterzogen. Die SBB unterziehen alle Türen des Wagentyps EW IV in den kommenden Wochen einer zusätzlichen Kontrolle. «Weiter überprüfen wir auch den Abfertigungsprozess. Wir haben derzeit 493 EW IV im Einsatz», sagt SBB-Sprecher Raffael Hirt. Der betroffene Wagen sei am 31. Juli das letzte Mal kontrolliert worden.

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