Natürlich darf man sich auch ungetrübt über das schöne, mediterrane Sommerwetter freuen. Dann bitte hier aussteigen!
Denn heute müssen wir über die hässlichen Folgen dieser Wetterlage sprechen: Bäche werden zum Rinnsal, Fische verenden, Getreidefelder trocknen aus, sogar private Gärten verdorren.
Gletscher schmelzen schneller denn je, geben plötzlich Skelette oder abgestürzte Flugzeuge frei, zwischen der Waadt und dem Wallis taucht nach mehr als 2000 Jahren ein fast vergessener Pass wieder auf.
An manchen Orten wird das Trinkwasser knapp, erste Gemeinden schränken den Verbrauch ein.
Der Rhein führt so wenig Wasser, dass Frachtschiffe bereits weniger laden und demnächst vielleicht gar nicht mehr fahren können. Das gefährdet die Versorgung und treibt die Preise.
Italien erlebt die schlimmste Dürre seit 70 Jahren, Teile Spaniens und Portugals sind so trocken wie seit mehr als 1000 Jahren nicht mehr – mit katastrophalen Folgen für den Olivenanbau.
Der Berner Klimatologe Heinz Wanner (76), ein emeritierter Professor, prophezeit Mitteleuropa künftig Temperaturen von 43 statt 35 Grad.
Dieser brenzlige Sommer ist zwar demnächst vorbei, doch die Aussicht auf den Winter ist auch nicht besser: Wegen Russlands Krieg gegen die Ukraine droht uns das Gas auszugehen. Energieministerin Simonetta Sommaruga (62) warnt, niemand könne heute garantieren, dass immer für alle jede gewünschte Energie zur Verfügung stehen werde.
Knapp wird möglicherweise auch der Strom. Eine behördliche Aktennotiz, die SRF diese Woche publik machte, warnt vor den Folgen eines Blackouts: Die SBB könnten höchstens noch eine Stunde fahren, auch das Handynetz wäre dann tot. Kann sich so etwas überhaupt noch jemand vorstellen?
Der Präsident der Elektrizitätskommission ruft die Bevölkerung – kein Witz! – dazu auf, sich für den Winter mit Brennholz, Kerzen, Taschenlampen und Batterien auszurüsten. Auch dies war in der Schweiz bis vor kurzem undenkbar!
Seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs ging es stets nur aufwärts, aufwärts, aufwärts: ständig steigender Wohlstand, immer mehr Möglichkeiten für eine verwöhnte Gesellschaft, die das Wort «Verzicht» aus dem Vokabular gestrichen hatte.
Dann kam Corona und verlangte erstmals von allen drastischen Verzicht: auf das Treffen mit Freunden, auf ein geselliges Vereinsleben, auf interessante Reisen – kurz: auf unseren gewohnten Alltag.
Heute müssen wir wegen Wassermangel kürzer duschen und wegen Gasmangel im Winter weniger heizen.
Corona hat uns gelehrt zu verzichten. Vielleicht war es nur ein Vorbote dessen, was noch auf uns alle zukommt.