BlickPunkt über die Beschattungsaffäre, die den Finanzplatz erschüttert
Credit Suisse unschweizerisch

Detektive, Drohungen und Handgreiflichkeiten: Einen solchen Krimi wie diesen, der sich gerade bei der Credit Suisse abspielt, hat unsere Bankenwelt noch nie erlebt. Nur eines steht bereits fest: Der grösste Verlierer ist der Finanzplatz Schweiz.
Publiziert: 27.09.2019 um 23:05 Uhr
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Aktualisiert: 15.10.2020 um 15:11 Uhr
Christian Dorer, Chefredaktor der Blick-Gruppe.
Foto: Shane Wilkinson
Christian Dorer, Chefredaktor Blick-Gruppe

Die Schweiz blamiert sich gerade vor der ganzen Welt. Verantwortlich dafür ist die Grossbank Credit Suisse: Sie liess ihren abtrünnigen Star-Banker Iqbal Khan (43) beschatten, der zur UBS wechselt. Die Aktion flog auf, sie endete in einem Eklat auf offener Strasse und mit der Verhaftung von drei Detektiven.

Seither tauchen ständig neue Ungeheuerlichkeiten und Pikanterien auf: das berufliche Zerwürfnis zwischen Khan und CEO Tidjane Thiam (57) bis hin zu angeblichen Drohungen, dazu der private Nachbarschaftsstreit der beiden, die in direkt nebeneinanderliegenden Villen in Herrliberg ZH wohnen. Dann eine private Einladung, bei der viel Alkohol fliesst und nur die Partnerinnen im letzten Moment Handgreiflichkeiten verhindern.

Viele Details sind ungeklärt, sicher ist: Hier kommen ganz und gar unschweizerische Methoden ans Licht.

Sicher ist auch: Die Credit Suisse macht in der Affäre eine schlechte Falle. Man lässt nicht Mitarbeiter überwachen. Und wenn doch, dann lässt man sich ganz bestimmt nicht dabei erwischen. Wenn auch das passiert, dann steht man hin und erklärt sich. Die Credit Suisse aber sagte drei Tage lang rein gar nichts und veröffentlichte dann ein dürres Communiqué, in dem sie eine Untersuchung ankündigt und den Medien eine «sensationsgetriebene Darstellung» vorwirft.

Bei diesem katastrophalen Krisenmanagement fragt man sich: Wie agiert die Credit Suisse, der Hunderttausende Kunden ihr Geld anvertrauen, wenn sie eines Tages mal wirklich ein Problem hat?

Kein Wunder, «sind Mitarbeiter, Kunden und Aktionäre der Bank verunsichert», wie die «NZZ» schreibt. In der «Financial Times» ist gar von «tickender Zeitbombe» die Rede.

Falls die Credit Suisse meint, sie könne den Skandal einfach aussitzen, dann irrt sie sich gewaltig. Mit jedem Tag des Schweigens brandet er höher – längst hätte es klärende Worte von Verwaltungsratspräsident Urs Rohner (59) gebraucht.

Nächste Woche will er diese endlich liefern. Es gibt drei Szenarien, wie der Skandal ausgehen wird:

  1. Die CS präsentiert doch noch einen glaubwürdigen Grund für die Überwachung von Khan: Dann muss sich dieser einen neuen Beruf suchen.

  2. Die Überwachung war unverhältnismässig, und CEO Thiam wusste davon: Dann muss sich die CS einen neuen CEO suchen.

  3. Die Wahrheit liegt in der Mitte: Dann werden ein paar Köpfe auf unterer Ebene rollen, und die Chefs bleiben unbehelligt.

Auch wenn wir fasziniert zuschauen, wie sich hochdekorierte Banker verheddern und blamieren: Schadenfreude wäre fehl am Platz. Der Skandal schadet dem ohnehin arg gebeutelten Finanzplatz Schweiz, der auch nach der Schrumpfkur mehr als gut bezahlte 200'000 Arbeitsplätze bietet und fast zehn Prozent der Schweizer Wirtschaftsleistung erbringt. Jede weitere Schwächung schadet unserem Land ganz direkt.

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