Verfolgungsjagd, Beschattung, Handgreiflichkeiten
So liess die Credit Suisse ihren Starbanker beschatten

Ein Thriller erschüttert die Bankenwelt. Die Credit Suisse liess ihren ehemaligen Vermögensverwalter Iqbal Khan beschatten. Drei Männer wurden verhaftet. Jetzt packt ein Insider aus.
Publiziert: 22.09.2019 um 00:31 Uhr
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Aktualisiert: 02.09.2020 um 08:11 Uhr
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Die Beschattungs-Affäre um den aufstrebenden Starbanker Iqbal Khan hat die zweitgrösste Schweizer Bank erschüttert. Nun wird bekannt: Ein Privatermittler beging Suizid.
Foto: Keystone
Danny Schlumpf

Dieser Thriller hat das Zeug zum Blockbuster: eine misstrauische Grossbank, die ihren einstigen Starbanker beschattet, eine Verhaftung und ein schwerer Verdacht. Die Geschichte der Credit Suisse und ihres ehemaligen Chefvermögensverwalters Iqbal Khan (43) ist ein Skandal.

Wie der Finanzblog «Inside Paradeplatz» am Freitag berichtete, soll die Credit Suisse ihren zur UBS übergelaufenen Starbanker Khan beschattet haben. Die «Frankfurter Allgemeine Zeitung» setzte gestern noch eins drauf und berichtete, ein Polizeikommando habe drei Detektive verhaftet. SonntagsBlick weiss: Das Ganze ist noch viel schlimmer.

Die Geschichte beginnt nach dem Abschiedsapéro, den CS-CEO Tidjane Thiam am Dienstag vor einer Woche für seinen scheidenden Chef-Vermögensverwalter Iqbal Khan gab. Khan hatte im Juli 2019 gekündigt.

Noch immer herrscht Erstaunen darüber, warum der Überflieger die Bank verliess. Denn der Chef der globalen Vermögensverwaltung hatte eine hervorragende Leistungsbilanz vorzuweisen und wurde als heisser Kandidat für Thiams Nachfolge gehandelt. Dann war plötzlich Schluss.

Khan filmt seine Verfolger

Eine Woche nach dem Apéro berichtet die CS in ihrem Intranet über den Event. Da hat die Bank längst drei professionelle Beschatter auf Khan angesetzt. Doch die Detektive machen ­ihren Job schlecht, wie ein Insider gegenüber SonntagsBlick berichtet.

Am vergangenen Mittwoch ist Khan mit seiner Frau unterwegs, als ihm drei Männer auffallen. Sie folgen dem Paar lange. Auffällig lange. Khan zückt sein Handy und beginnt, die drei Verfolger zu filmen. Da­raufhin kommt es zum Eklat.

Wie die «SonntagsZeitung» berichtet, seien Khan und seine Frau durch das hinter ihnen fahrende Auto bedrängt worden. Abschüttellungsversuche schlugen fehl. Es sei zu einer Verfolgungsjagd ins Zürcher Stadtzentrum gekommen – zuvor hätten Khan und seine Frau ihren sechsjährigen Sohn zum Fussballtraining auf den Sportplatz von Herrliberg ZH gebracht.

Am Metropol, das Restaurant liegt hinter der Nationalbank unweit von Paradeplatz, endete die Verfolgungsjagd.

Die Verfolger versuchen laut SonntagsBlick, Khan das Handy zu entreissen. Erfolglos. Khan wehrt sich, die Männer suchen das Weite.

Laut «SonntagsZeitung» handelte es sich bei den Verfolgern um drei Männer, einer davon wird als tätowierter Schlägertyp beschrieben. Khan Frau habe alles miterlebt, könne alles bezeugen.

Der Banker Khan schaltet die Polizei ein. Dann ruft er den Sicherheitschef der Credit Suisse an. Der bietet Khan Personenschutz und technische Ausrüstung an, unter anderem einen Handsender, mit dem der Verfolgte Alarm schlagen kann. Noch ahnt Khan nicht, dass derselbe Sicherheitschef den Auftrag für die Überwachung gegeben hat.

Warum sollte eine Bank einen scheidenden Angestellten überwachen lassen? Wahrscheinlich, weil sie ihn im Verdacht hat, weitere Angestellte abzuwerben und zur Konkurrenz mitzunehmen. In der Tat berichtet der Insider von gravierenden Spannungen zwischen CEO Thiam und seinem einstigen Musterschüler Khan.

Steckte zu viel Ehrgeiz dahinter?

Dabei hatte die Geschichte so schön begonnen. 2015 kam ­Tidjane Thiam als neuer CEO zur Credit Suisse. Er verpasste der Bank eine strategische Neuausrichtung: weg vom ­Investmentbanking, hin zum Private Banking. Die globale Vermögensverwaltung sollte gestärkt werden. Thiam bewies Mut und setzte den eins­tigen Wirtschaftsprüfer Iqbal Khan an die Spitze dieses zentralen Bereichs.

Khan war damals erst 39 Jahre alt und ein No­body im Banking. Aber er war hoch motiviert, bezog eine Villa gleich neben derjenigen seines Chefs im noblen Herrliberg ZH und machte sich an die ­Arbeit. Er war äusserst erfolgreich, steigerte die verwalteten Vermögen und verbesserte das Ergebnis massiv. Dahinter stecken harte Arbeit, rigorose Disziplin – und eine grosse Portion Ehrgeiz. Zu viel Ehrgeiz offenbar. Denn Khan wollte seinen Bereich ausbauen und seinen Einfluss erhöhen. Bis es seinem Boss zu viel wurde.

Es kam zum endgültigen Bruch zwischen den beiden Alphatieren, wie der Insider berichtet. Dabei soll es zu heftigen Auseinandersetzungen und Drohungen gekommen sein. Khan liess sich und seine Familie in der Folge von einem Sicherheitsunternehmen schützen. Und: Khan wollte nur noch weg.

Khan muss etwas in der Hand haben

Im Juli 2019 liess ihn die CS ziehen. Anfang Oktober wird er die globale Vermögensverwaltung der UBS übernehmen. Ein Wechsel nach nur drei Monaten – ohne Konkurrenzverbot? Das ist in der Branche absolut unüblich. Khan muss etwas in der Hand haben, was er gegen die CS einsetzen könnte.

Die drei professionellen Beschatter, die Khan nachgesetzt haben, sind diese Woche in einer Kommandoaktion verhaftet und vorübergehend in U-Haft gesteckt worden. Die Zürcher Staatsanwaltschaft hat ein Strafverfahren wegen Nötigung und Drohung eröffnet. Und offenbar interessiert sich auch die Finanzmarktaufsicht Finma für den Fall. Kommentieren will sie das nicht. Auch die Credit Suisse will sich nicht zur Sache äussern.

Der Krimi ist noch nicht zu Ende. Offene Fragen stehen im Raum. Und ein schwerer Verdacht: Welche Rolle spielte CEO Thiam in der ganzen Affäre? Auch dazu schweigt die Credit Suisse.

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