Die Ehrlichkeit, die Sie hier in Erwägung ziehen, kommt leider etwas spät. Sie hätten viel früher mit Ihrem Partner reden müssen: darüber, dass Ihnen in Ihrer Beziehung etwas fehlt; darüber, was Sie gemeinsam dagegen unternehmen könnten, und schliesslich darüber, dass Sie jemanden kennengelernt haben. Natürlich, das wären schwierige Gespräche gewesen, bei denen Sie keine gute Figur gemacht hätten, und die womöglich zu einer Trennung geführt hätten. Aber ist die Angst vor alledem wirklich als Erlaubnis zu verstehen, nicht weiter über sich selbst nachzudenken, seinem Partner das Gespräch zu verweigern und am Ende fremdzugehen?
Sie scheinen das Prinzip der Partnerschaft nicht verstanden zu haben, die so heisst, weil sie auf Einheit und Einvernehmen basiert. Indem Sie diesen Menschen zu Ihrem Partner gemacht haben, haben Sie denn auch Anspruch darauf erhoben, dass er sich Ihnen gegenüber wie einer verhält; indem er möglichst viel Zeit mit Ihnen verbringt, Sie ernst nimmt und ehrlich ist mit Ihnen. Dieser Anspruch hätte allerdings für beide gegolten. Sie haben ihn Ihrerseits nicht erfüllt: Sie haben Ihrem Partner das offene Gespräch verweigert, sich von ihm abgewendet, eine neue Beziehung angefangen (deren Dauer und Tiefe ist nicht relevant) und begonnen, ein Leben in Lüge zu führen. Das ist Ihnen nun so unangenehm geworden, dass Sie sich fragen, ob Sie den Seitensprung gestehen sollen. Dieser Frage wohnt allerdings auch die Möglichkeit inne, ihn nicht zu gestehen. Das käme jedoch einer Fortsetzung des Betrugs gleich und würde Ihre Beziehung sicher nicht verbessern. Auch nicht jene mit Ihnen selbst. Übernehmen Sie also Verantwortung und sagen Sie Ihrem Partner alles, was Sie ihm verschwiegen haben. Spätestens jetzt muss er Gelegenheit haben, sich dazu äussern zu dürfen.