Wer ist schon dagegen, dass Konzerne Verantwortung für ihr Handeln übernehmen? Und wer ist dafür, dass sie ungestraft Flüsse vergiften und Menschen ausbeuten dürfen?
Natürlich niemand!
Wegen dieser Schlagworte tönte die Konzernverantwortungs-Initiative so überzeugend. Grosse NGOs begannen ihren hoch professionellen Abstimmungskampf schon vor Jahren, butterten Millionen hinein und zielten mit ihrem moralisierenden Zeigefinger auf den linksgrün-urbanen Zeitgeist.
Und: Sie trafen auf schwache Gegner. Konzerne sind keine Sympathieträger. Erst recht nicht ausländische Chefs, die in einem Land Millionen verdienen, das sie kaum kennen. Statt ihre Argumente offensiv in die Öffentlichkeit zu tragen, hätte die Wirtschaft den Abstimmungskampf beinahe verschlafen.
Unter diesen Voraussetzungen wäre ein wuchtiges Ja, wie es die Umfragen zunächst erwarten liessen, keine Überraschung gewesen.
Doch die Schweizer Stimmbürgerinnen und Stimmbürger verfügen über ein ausgeprägtes Sensorium für Sinn und Unsinn von Initiativen. Sie lassen sich nicht von wohltönenden Titeln überrumpeln, sondern achten aufs Detail. Dabei erkannten viele, dass die Initiative Millionen von Menschen, denen Schweizer Konzerne rund um den Globus Arbeit geben, nichts gebracht hätte.
Und so schrumpfte die anfänglich klare Mehrheit auf 50,7 Prozent Ja-Stimmen, ein deutliches Mehr der Kantone sagte Nein. Und damit war die Verfassungsänderung vom Tisch.
Die NGOs liessen sich wohl auch durch ihren eigenen Moralismus täuschen: Gut möglich, dass in den Umfragen viele Ja zur Initiative sagten, weil sie so in den Augen der Demoskopen zu «den Guten» gehörten – und dann doch Nein stimmten.
Die Schweizer Wirtschaft hat gerade noch einmal Glück gehabt. Das Resultat sollte ihr dennoch zu denken geben: Wenn ein derart weitgehendes Anliegen gegen ihre Interessen so knapp scheitert, wie wird es dann bei der nächsten konzernkritischen Initiative sein?