Erhöhung des Armeebudgets
Fröhliches Geldverteilen

Bürgerliche Politiker werfen die Geldverteilungsmaschine an – ohne zu sagen, was die Milliarden bezwecken sollen.
Publiziert: 15.05.2022 um 08:30 Uhr
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Aktualisiert: 16.05.2022 um 23:02 Uhr
In Sonntagsreden sprechen sich Politiker von SVP, FDP und Mitte gerne fürs Sparen aus. Wenn es um die Armee geht, gelten diese hehren Prinzipien nicht mehr.
Foto: Keystone
Camilla Alabor

Die russische Invasion der Ukraine hat vermeintliche Gewissheiten infrage gestellt: Auf einmal greift ein Land seinen Nachbar an, auf einmal herrscht in Europa wieder Krieg.

Was heisst das für die Sicherheit der Schweiz? Mit welchen Bedrohungsszenarien muss man hierzulande rechnen? Soll sich die Schweiz der Nato annähern? Oder ändert der Krieg gar nichts, weil er auf Osteuropa beschränkt bleiben dürfte?

Die Debatte über diese Fragen läuft derzeit, eine endgültige Antwort ist zweieinhalb Monate nach Kriegsbeginn noch gar nicht möglich. Das hindert den Nationalrat jedoch nicht daran, präventiv eine Aufstockung des Militärbudgets zu beschliessen. Bis 2030 soll die Schweiz mindestens ein Prozent des Bruttoinlandprodukts für die Sicherheit ausgeben.

Was Politiker von der SVP bis hin zur Mitte-Partei so mir nichts, dir nichts beschlossen haben, hätte einschneidende Auswirkungen. Laut Berechnungen der «NZZ» sind es drei Milliarden Franken, die bis 2030 zusätzlich an die Armee fliessen sollen: Statt der geplanten sechs würde das Militärbudget dereinst neun Milliarden Franken betragen. Dieses Geld wird anderswo fehlen – selbst wenn Verteidigungsministerin Viola Amherd behauptet: «Niemand muss unter den zusätzlichen Armeeausgaben leiden.»

Doch falls Amherd in den nächsten Monaten nicht eine wundersame Geldvermehrungsmaschine in einem alten Armeebunker entdeckt, gibt es nur zwei Wege, zusätzliche Milliarden für das Militär freizuschaufeln: Sparprogramme in anderen Bereichen oder eine Erhöhung der Bundes- oder Mehrwertsteuer.

Dabei fehlt es der Schweiz nicht an kostspieligen Herausforderungen. Stichwort Klimaziele, Umbau der Energieversorgung, Heiratsstrafe, AHV-Reform, Kita-Finanzierung. Wie die Armee mehr Geld erhalten soll, ohne dass beispielsweise bei der Klimapolitik Abstriche gemacht werden, bleibt Amherds Geheimnis.
Die Bürgerlichen, die in ihren Sonntagsreden gerne das Sparen predigen, kümmert das wenig. Genauso wenig wie die Absurdität ihrer Vorgehensweise. Statt festzulegen, wofür die Armee allenfalls mehr Geld braucht und dann die entsprechenden Mittel zu sprechen, wählt sie den umgekehrten Weg: mehr Geld, ohne zu wissen, wofür.

In jedem anderen Bereich würden dieselben Politiker ein solches Vorgehen aufs Schärfste kritisieren. Nun, wo es um die Armee geht, scheinen auf einmal andere Gesetze zu gelten.

Immerhin: Noch ist der Entscheid nicht endgültig, als Nächstes wird sich der Ständerat mit dem Geschäft befassen. Zu hoffen ist, dass die Kantonsvertreter finanzpolitisch etwas mehr Vernunft walten lassen – statt wie ihre Nationalratskollegen frisch-fröhlich und einigermassen unüberlegt die Geldverteilungsmaschine anzuwerfen.

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