Für den revolutionären Dramatiker Bertolt Brecht war das Theater eine moralische Anstalt: Es ging ihm nicht um Pathos oder Showeffekte, sondern um eine bessere Gesellschaft. Ausgerechnet die sozialdemokratische Zürcher Stadtpräsidentin Corine Mauch versagt jedoch bei diesem urlinken Herzensanliegen. Das gilt für das Schauspielhaus wie für das Kunsthaus.
Mauch wollte ein Theaterpublikum, das jünger, diverser und queerer ist als bisher. Die deutschen Intendanten Benjamin von Blomberg und Nicolas Stemann kamen und sorgten dafür. Doch als die Züriberg-Bourgeoisie tobte, nahm Mauch ihre schützende Hand von ihnen. Die beiden beklagen sich in einem Interview mit «Theater heute» zu Recht, die Zürcher Strukturen seien «gaga»: Das Theater erhalte 90 Prozent vom Staat, sei aber auf dem Papier eine Aktiengesellschaft.
Mauch hätte handeln müssen
Auch in der Kunstpolitik versagte Mauch. Seit 1998 gilt die Washingtoner Erklärung. Seitdem muss die Geschichte von Kunstwerken aufgearbeitet werden, die unter dem Nazi-Regime den Besitzer gewechselt haben. Und spätestens 2013 hätte Mauch aktiv werden müssen, als der Gurlitt-Skandal die Kunstwelt erschütterte. Stattdessen glaubte sie den Heucheleien der Bührle-Stiftung.
Es spricht für Mauch, dass sie Fehler einräumt und sich Kritikern öffentlich stellt – anders als der Banker und Präsident der Zürcher Kunstgesellschaft Philipp Hildebrand, die Bührle-Stiftung und die Bührle-Erben. Doch damit ist es nicht getan. Die Empfehlungen des Historikers Raphael Gross müssen zügig umgesetzt werden. Mauch muss endlich liefern – und damit zeigen, dass sie nicht amtsmüde ist.