Sereno, der Heitere, das war mein Name bei den Pfadfindern. Ich weiss nicht, weshalb mich die Rover damals so tauften. Aber sie hatten wohl ihre Gründe, denn sie beziehen sich bei der Benennung gern auf eine Eigenschaft, einen äusseren Charakterzug des jeweiligen Pfaders. War ich stets gut drauf? Erzählte ich immerzu Witze? Oder lächelte ich ständig? Wenn es Letzteres war, dann war es vielleicht bloss eine Abwehrhaltung meinerseits, denn ich weiss noch, wie ich bei der Mutprobe im nächtlichen Wald anlässlich der Taufe Schiss hatte.
«Lachen tötet die Furcht», schreibt Axel Hacke (67) in seinem soeben erschienenen Buch. «Lachen befreit.» Der deutsche Journalist und Schriftsteller ist berühmt-beliebt für seine wöchentliche Kolumne im Magazin der «Süddeutschen Zeitung» und Bestsellerautor von Büchern wie das mit dem umstrittenen Titel «Der weisse Neger Wumbaba», worin es auf humoristische Weise um Verhörer in Liedtexten geht. Nun schreibt er «Über die Heiterkeit in schwierigen Zeiten», quasi der Folgetext seines Verkaufsschlagers «Über den Anstand in schwierigen Zeiten» (2017).
Wahrlich, um beides steht es aktuell nicht gut, gehen doch mehr Menschen ernst und egoistisch durch die Welt. Als ich ihn zum «Anstand»-Buch interviewte, sagte er: «In meinem Buch geht es um Fragen, die sich jeder selber stellen muss.» Der einzige Mensch, den man wirklich substanziell verändern könne, sei man selber. Im neuen Text stellt sich Hacke die Frage, wie er Heiterkeit ins Leben bringen kann. «Die meisten Leute glauben, dass einer, der humorvoll schreibt, sozusagen jederzeit ununterbrochen witzig sei», schreibt er.
Neue Sachbücher
Ja, wer Hacke liest, hat viel zu lachen. Auch dieses Buch aus einer wenig erheiternden Epoche macht Freude, denn Hacke umreisst sein Thema nicht nur mit fachlicher Kompetenz, sondern ebenso mit sprachlicher Brillanz, wie man sie sonst nur von Belletristikautoren kennt. So beschreibt er die Wirkung nach nur einem Glas eines alkoholischen Getränks: «Ich bin dann angeheitert – so wie ein Witz mich erheitert und die Gesellschaft von guten Freunden mich in der Regel aufheitert.»
Alkohol, Humor, Komik, Witz, Lachen, Lächeln, Freundlichkeit – «Einige Aspekte scheinen nahezuliegen», schreibt Hacke. «Ein paar andere haben möglicherweise auf den ersten Blick nicht so viel mit dem Thema zu tun.» Er nennt: kleine Dinge, freie Räume, Distanz, Selbstvergessenheit, Trost. «Wenn man die Sache ernsthaft betrachtet, ist unser Leben ohne Heiterkeit nicht möglich», so Hacke. «Wir wären eben sonst sehr traurig, und wem würde das nützen? Und was wäre das für ein Leben: immer traurig?»
Verkennt Hacke den Ernst der Lage? Nein, aber er plädiert dafür, sich auf das zu werfen, was man beeinflussen kann. «So gesehen bedeutet, ein heiterer Mensch zu sein: sich frei zu machen von Erwartungen, vom Übermass, von Selbstüberforderung», schreibt er. «Es bedeutet nicht, das Schwere zu ignorieren, sondern es in etwas Leichtes zu verwandeln.» Der Versuch einer geduldigen Selbsterziehung.
«Über die Heiterkeit in schwierigen Zeiten und die Frage, wie wichtig uns der Ernst des Lebens sein sollte», Dumont
«Über die Heiterkeit in schwierigen Zeiten und die Frage, wie wichtig uns der Ernst des Lebens sein sollte», Dumont