Zoologisch – Zoodirektor Severin Dressen erklärt
Happy Birthday, Masoala-Regenwald

20 Jahre Masoala-Regenwald! Nächste Woche feiert das Riesengewächshaus sein Jubiläum. Zoodirektor Severin Dressen erzählt, wieso dieses kleine Stück Regenwald so wichtig ist.
Publiziert: 03.06.2023 um 11:31 Uhr
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Aktualisiert: 03.06.2023 um 11:33 Uhr
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Ein Zoo, der sich zum Naturschutzzentrum gewandelt hat: Im Masoala-Regenwald leben viele bedrohte Tierarten gut und vermehren sich deutlich häufiger und besser.
Foto: FABIO SUEESS
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Severin DressenDirektor des Zoo Zürich

«Der Neue ist übergeschnappt!» Solche und ähnliche Aussagen musste sich mein Vorgänger Alex Rübel Ende der 90er-Jahre immer wieder anhören. Grund dafür waren die Pläne für den Masoala-Regenwald. Ein Ausschnitt des madagassischen Masoala-Nationalparks auf 11’000 Quadratmetern, mit einer Höhe von 35 Metern, auf dem ehemaligen Schiessplatz neben dem Zoo. Ein Riesenraum mit Tausenden Pflanzen und Hunderten von Tieren. Aber ohne Grenzen. Weder für Tiere noch für Pflanzen – und fast nicht für unsere Gäste.

Es hagelte Kritik und Rekurse. Zu ungewohnt war das Gebilde. Zu innovativ war es, gerade auch für die Zoofachwelt. «Die Pflanzen werden in so einem Gebäude nicht gut wachsen können», «Die Tierhaltung wird nicht funktionieren, denn man kann sie nicht kontrollieren» oder «Die Gäste werden es langweilig finden, da sie keine Tiere sehen werden» waren häufig zu hörende Vorbehalte. Die Gegnerinnen und Gegner zogen das Projekt Masoala-Regenwald bis vors Bundesgericht und verzögerten das Projekt um Jahre. Verhindern konnten sie es nicht. Zum Glück, denn alle Schwarzseher wurden Lügen gestraft.

Wenn wir nun in der kommenden Woche mit einem Festanlass im Zoo das 20-Jahr-Jubiläum des Masoala-Regenwalds begehen, feiern wir unterschiedliche Aspekte. Die konkreten Erfolge des Masoala-Regenwalds:

Dass die Pflanzen in diesem «Riesengewächshaus» dank einer ausgeklügelten und optimierten Technik so stark und gut wachsen, dass sie alle paar Wochen von Baumkletterern zurückgeschnitten werden müssen.

Dass viele bedrohte Tierarten nicht nur gut und lange bei uns leben, sondern sie sich auch deutlich häufiger und besser vermehren als in konventionellen Tieranlagen. Ein Beispiel: Von der hoch bedrohten Bernierente gibt es auf Madagaskar nur noch 630 Exemplare. In der Zoo-Reservepopulation leben 260 Tiere. Davon über 60 allein in unserem Masoala-Regenwald. Stolze sieben Prozent der gesamten Weltpopulation dieser Entenart lebt auf dem Züriberg. Von den 70 Entenküken, die im letzten Jahr in allen Zoos weltweit nachgezüchtet werden konnten, stammt die Hälfte aus unserem Masoala-Regenwald.

Und wir freuen uns, dass unser Masoala-Regenwald ein voller Erfolg bei unseren Gästen ist. Dass sie eintauchen in das Ökosystem, es mit allen Sinnen erleben und sich von kleinen, braunen Bernierenten begeistern lassen, die auf den ersten Blick eher unscheinbar wirken.

Mit dem 20-Jahr-Masoala-Jubiläum feiern wir aber auch mehr als die konkreten Erfolge. Wir feiern den Aufbruch eines Zoos, der sich zum Naturschutzzentrum gewandelt hat. Der ein Schaufenster zu der stark bedrohten Natur da draussen darstellt. Der seine Arbeit im Zoo im Bereich der Bildung, des Artenschutzes und der Forschung mit einem Naturschutzengagement vor Ort verknüpft. Auf Madagaskar und in der ganzen Welt.

Wir feiern den ehemaligen Direktor Alex Rübel und sein damaliges Team, die den Zoo Zürich als moderne Naturschutzorganisation positioniert und zu einem der führenden Zoos gemacht haben. Die eine solch innovative Idee umgesetzt haben, die auch 20 Jahre später noch weltweiter Goldstandard bei den Tropenhallen ist. Die sich von allen Unkenrufen und Stolpersteinen nicht von der Verwirklichung des Ziels haben abbringen lassen, sondern gezeigt haben, dass es genau diese übergeschnappten Ideen braucht: für den weltweiten Natur- und Artenschutz, für die Weiterentwicklung der Zoowelt und für Zürich.

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