Zoologisch – Direktor Severin Dressen erklärt
In der Vielfalt liegt die Pflanzenkraft

Severin Dressen (32) ist Direktor des Zoos Zürich und kennt die wilden Geheimnisse seiner Bewohner.
Publiziert: 07.07.2021 um 15:33 Uhr
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«Leider können wir meistens nicht die Pflanzen aus dem ursprünglichen Lebensraum verwenden», sagt Zoo Zürich Direktor Severin Dressen. Die Park-Planer würden aber darauf achten, möglichst ähnliche Pflanzen zu verwenden.
Foto: Zoo Zürich

Wer durch den Zoo Zürich spaziert, sieht nicht nur viele verschiedene Tiere, sondern auch ganz unterschiedliche Pflanzen. Besonders unsere Tropenhäuser, wie der Masoala-Regenwald, zeigen die Vielfalt tropischer Pflanzen mit Hunderten von Arten. Aber auch in den Aussenbereichen hat es eine grosse Anzahl verschiedener Pflanzen.

Wer sich die Auswahl von Pflanzen einfach vorstellt, wird überrascht sein: Pflanzenwahl ist kompliziert. Denn unsere Pflanzen müssen ganz unterschiedlichen Anforderungen genügen.

Ganz zuerst steht die Verträglichkeit. Gerade, wenn die Pflanzen direkt bei den Tieren oder Gästen wachsen, dürfen sie nicht giftig sein. Sonst wäre die Gefahr gross, dass jemand zu Schaden kommt.

Das Nächste ist das Erscheinungsbild der Pflanze. Als Zoo versuchen wir, unsere Gäste auf eine Reise in Lebensräume mitzunehmen: zum Beispiel in das australische Grasland, die Lewa-Savanne, den südamerikanischen Bergnebelwald oder den Himalaya. Diese Lebensräume zeichnen sich durch typische Tiere, Materialien und Farben aus. Und eben auch durch ihre Pflanzen.

Leider können wir meistens nicht die Pflanzen aus dem ursprünglichen Lebensraum verwenden. Ein Gras aus der trockenen Hitze des australischen Outback überlebt das Schweizer Wetter nicht. Daher wählen unsere Planer Gewächse, die den Originalpflanzen ähneln, aber mit unserem Klima zurechtkommen. Ein eindrückliches Beispiel hierfür ist für mich der Elefantenpark. Das weitläufige Wegenetz ist dicht umgeben von Gräsern, Büschen und Bäumen. Sie alle sind an unser Klima angepasst, erinnern in ihrer Form und von ihren Blättern her aber stark an die Pflanzen Südostasiens.

Ein weiterer wichtiger Faktor ist der Unterhaltsaufwand. Bei einem Park unserer Grösse und den vielen und sehr unterschiedlichen Pflanzen braucht es eine Auswahl, die wenig Pflege bedarf und nicht täglich gehegt werden muss. Das wäre arbeitsmässig für unsere Gärtnerei sonst nicht zu schaffen.

Die letzte Anforderung schliesslich ist die Vielfalt in sich. Die meisten Pflanzen einer Art stammen von wenigen Züchtungen ab und sind genetische Klone. Das bedeutet, dass diese Pflanzen ein sehr ähnliches oder sogar das gleiche Genom haben. Eine solche Ähnlichkeit birgt Risiken. Wenn zum Beispiel eine Krankheit bei einem bestimmten Genom besonders stark auftritt, ist die Gefahr gross, dass alle Pflanzen dieser Art erkranken. Das kann dazu führen, dass innerhalb kurzer Zeit alle diese Pflanzen sterben. Eine Vielfalt unterschiedlicher Pflanzenarten hilft, solche Verluste möglichst zu vermeiden.

Ich hoffe, Sie haben nun Lust, beim nächsten Besuch im Zoo für einmal nicht nur auf die Vielfalt der Tiere zu achten, sondern auch auf die der Pflanzen.


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