Der Frühling ist im Zoo angekommen. Nach einem langen Winterschlaf geht es wieder los. Der Winterschlaf im Zoo fand dieses Mal gefühlt und echt statt. Gefühlt, weil wir praktisch den ganzen Winter wegen Corona geschlossen hatten. Echt, weil die Natur im Winter auch im Zoo runterfährt. Besonders in einem schneereichen Winter wie diesem. Alles wirkt kahl, grau und auch ein Stück leer.
Wie gut tut daher der Moment, wenn die ersten Knospen aufspringen und das frische Frühlingsgrün hervorbricht. Die Schwarzdornbüsche stehen bereits in voller Blüte, und auch die zahlreichen Frühlingsblüher zeigen ihre Pracht: Schneeglöckchen, Osterglocken und Primeln. Letztere heissen unsere Gäste schon in rauen Mengen willkommen, sobald diese an der Haltestelle Zoo aus dem Tram aussteigen.
Auch bei uns Menschen merkt man den Jahreszeitenwechsel. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter geniessen die ersten warmen Sonnentage, die Mittagspausen werden wieder auf dem gedeckten Sitzplatz anstatt in der Kantine verbracht. Die Stimmung hellt sich auf, was wir nach diesem Winter weiss Gott gut gebrauchen können. Man spürt die Energie bei den Menschen. Viele kleine Projekte werden noch angepackt. Hier wird eine Strassendecke geflickt, dort werden die letzten Schneeschäden in unseren Büschen beseitigt. Die Aussenanlagen vieler Tiere werden auf Vordermann gebracht, Zäune repariert und Wände neu gestrichen.
Und natürlich spüren auch die Tiere den Frühling. Ziegen und Antilopen gebären die ersten Jungtiere, Enten, Kraniche und Pinguine legen die ersten Eier. Die Tiere geniessen den Sonnenschein der ersten warmen Frühlingstage: Koalaweibchen Maisy und Gorillamännchen N’Gola sonnen sich gleichermassen. All das ist unterlegt von einem wahnsinnigen Geklapper – denn die Störche sind wieder da.
Auch wenn von Jahr zu Jahr mehr Störche bei uns überwintern, fliegen die meisten immer noch im Herbst Richtung Süden. Doch nun sind sie zurück und bessern eifrig ihre Nester vom letzten Jahr aus – natürlich inklusive Frühjahrsputz. Beim Nistplatz sind sie wenig wählerisch. Angebotene Nisthilfen auf Hausdächern nehmen sie genauso an wie Baumkronen oder Volierendächer.
Bald schon werden die ersten Jungstörche schlüpfen – über 40 waren es im letzten Jahr. Dann ist es Zeit für unseren «Storchenpapst» Urs Romer, einen langjährigen und erfahrenen Tierpfleger im Zoo, in Aktion zu treten. Dank einer Drehleiter von Schutz und Rettung erreicht er auch die höchsten Nester und macht dort allen Störchen einen Zoo-Zürich-Ring ans Bein, der jeden Vogel eindeutig identifiziert.
Noch ist aber etwas Zeit. Die Ringe erhalten die Vögel erst, wenn die Jungstörche ihre ersten Erkundungsflüge durchführen. Und dann ist es längst Sommer – also noch weit entfernt vom zaghaften Frühlingserwachen, das gerade den Zoo beherrscht.