Das ist interessant. Denn geführt wird die Diskussion ja vor allem von Leuten wie Ihnen, die empört behaupten, es werde ihnen etwas aufgezwungen beziehungsweise verboten. Obwohl es kein einziges entsprechendes Gesetz gibt.
Woke heisst wörtlich erwacht. Gemeint ist ein Bewusstsein für rassistische, sexistische und soziale Diskriminierung. Der Begriff wurde bereits in den 1930er-Jahren in den USA geprägt. Weit verbreitet wurde er ab 2014 in Folge der Proteste gegen die dortige Polizeigewalt. Darüber, dass es Rassismus, Sexismus und weitere Formen der Benachteiligung gibt, brauchen wir nicht zu diskutieren. Die Menschen, die darauf hinweisen, haben allen Grund dazu – und einen simplen, berechtigten Wunsch: Sie bitten darum, die Sprache so zu gestalten, dass sie möglichst viele einschliesst. Namentlich durch Verwendung des Gender-Sterns, der noch immer so heisst, obwohl längst der Gender-Doppelpunkt verwendet wird.
Es gibt kein Gesetz, das Sie zwingt zu gendern. Sie können schreiben und reden, wie Sie wollen, und haben nicht den geringsten Anlass, sich von irgendjemandem gegängelt oder erpresst zu fühlen. Es stellt sich die Frage, warum Sie es trotzdem tun. Sie könnten «die ganze Woke-Diskussion» auch einfach ignorieren.
Die US-Soziologin Robin DiAngelo hat den Begriff der «White Fragility» geprägt, also weisse Verletzlichkeit in Bezug auf Rassismus: Kommt das Thema auf, reagieren weisse Menschen (die letztlich dafür verantwortlich sind) gekränkt, abweisend und wütend. Vermutlich passiert hier genau das Gleiche: Sie kommen mit dem Thema Diskriminierung in Berührung, ahnen, dass Sie womöglich gemeint sind, und wollen nichts davon hören. Vielleicht machen Sie sich trotzdem mal ein paar Minuten lang Gedanken über Ihren ganz persönlichen Sexismus und Rassismus?