Am 1. Januar 2022 habe ich beim Blick einen Artikel publiziert: «Das Börsenjahr 2021 war top – wie gut wird 2022 für die Anleger?» Die hochkarätigen Expertinnen und Experten sagten darin ein weiteres gutes Börsenjahr voraus.
Na ja. Jetzt ist fast schon wieder Weihnachten. Und ich bin zwar farbenblind, aber offenbar ist meine Rot-Grün-Schwäche nicht ausgeprägt genug. Denn wenn ich meine Anlagen (Aktien und Kryptowährungen) checke, sehe ich ganz klar – und ausschliesslich – die Farbe Rot.
Für die Anlegerinnen und Anleger neigt sich ein Horror-Jahr dem Ende entgegen. Der SMI hat 17 Prozent, der deutsche Dax 13 Prozent und der amerikanische Dow Jones 10 Prozent eingebüsst. Die Tech-Börse Nasdaq in New York verlor sogar 34 Prozent!
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Ausblicke aufs kommende Aktienjahr sind verpönt. Oft würden sich die Experten – wie im aktuellen Beispiel – irren. Trotzdem möchte ich eine Lanze für den Chefökonomen von Swiss Life und den Chief Investment Officer (CIO) der Credit Suisse brechen. Denn wenn man ihre Prognosen vom 1. Januar 2022 analysiert, haben sie eigentlich in allen Punkten recht behalten.
Corona beherrscht die Märkte tatsächlich nicht mehr – die Pandemie ist an den Börsen ausgestanden. Die globalen Lieferketten haben sich erholt. Und das Zinsniveau ist – wie prognostiziert – angestiegen.
Was damals noch kein Thema war und die Experten nicht vorhersehen konnten, war die russische Invasion in die Ukraine. Der Angriffskrieg Putins mit all seinen Auswirkungen auf die Weltwirtschaft hat das Börsenjahr 2022 massgebend beeinflusst.
Wirtschafts-Briefing
Du wirst nun in den kommenden Tagen bei Blick und in anderen Zeitungen wieder Ausblicke aufs Börsenjahr 2023 lesen. Wie viel du noch darauf gibst, sei dir überlassen.
Letztlich bleibt für mich in dieser Sache die weihnachtliche Erkenntnis des US-Philosophen Reinhold Niebuhr (1892–1971) hängen – bekannt als Gelassenheitsgebet: «Gib mir die Gelassenheit, Dinge zu akzeptieren, die ich nicht ändern kann, den Mut, Dinge zu ändern, die ich ändern kann, und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden.»