Das Problem ist geschlechtslos, äussert sich aber geschlechtsspezifisch, also gemäss der jeweiligen Sozialisierung. Frauen spotten über Männer, weil sie diese für unfähig halten, auch unfähig der Empfindung. Männer spotten über Frauen, weil sie diese als mühsam empfinden. Gleichzeitig geben viele Paare einander der Lächerlichkeit preis, als wäre das guter Humor, wie auch ihre Kinder. Der Punkt ist wohl einfach der, dass wir erschreckend wenig von uns selbst und anderen halten. Sonst würden wir nicht so mit- und übereinander reden und würden es nicht hinnehmen, wenn andere schlecht über uns reden.
Hinzu kommt ein ganz anderes Problem: die allgemein extrem schlechte Kommunikationsfähigkeit. Wenn die Partnerin als dominant dargestellt wird und man selbst als gefügig, ist dies ja nur das frustrierte Ergebnis davon, dass zwei Parteien über längere Zeit ihre Bedürfnisse und Gefühle nicht konstruktiv mitgeteilt haben. Das Gleiche gilt für den Fall, wenn eine Frau ihren Partner als emotional verkrüppelt präsentiert: Wer ist hier nun genau emotional verkrüppelt? Und was könnte getan werden für ein besseres Bild vom eigentlich geliebten Menschen?
Der Schlüssel liegt darin, was wir unseren Kindern vorleben. Wenn wir schlecht über unsere Partnerinnen und Partner sprechen, schlecht über uns selbst und schlecht über sie, was sollen sie dann wohl denken? Sie denken, dass niemand Respekt und Liebe verdient habe. Oder nicht ohne ständige Leistung. Das ist die Lektion, die sie aus einer solchen Sprache ziehen, unweigerlich, und sie wenden sie später täglich an, bei sich selbst, ihren eigenen Partnerinnen und Partnern und ihren Kindern. Sie werden über die dumpfen Männer und die komplizierten Frauen spotten – weil ihnen das genau so vorgelebt wurde. Das ist gemeint mit der Sozialisation.