Kolumne «Wild im Herzen» von Simon Jäggi
Durch den Winter wie ein Ren

Man muss kein Fan von Rudolph & Co. sein, um zu akzeptieren: Auch bei uns ist das Rentier ein Weihnachtsmaskottchen geworden. Es gibt gute Gründe, warum Sankt Nikolaus ausgerechnet dieses Tier vor seinen Schlitten spannt.
Publiziert: 17.12.2021 um 06:00 Uhr
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Aktualisiert: 16.12.2021 um 18:05 Uhr
Das Rentier ist so ausdauernd wie kein anderes Tier.
Foto: Shutterstock
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Simon JäggiSänger der Rockband Kummerbuben

Sagen Ihnen Dasher, Dance, Pranger, Vixen, Comet, Cupid, Donner und Blitzer etwas? Das sind die acht Rentiere, die den Schlitten von Sankt Nikolaus ziehen, wenn er an Weihnachten den Kindern die Geschenke liefert. Okay, es kursieren auch noch alternative Namen, Rudolph zum Beispiel. Aber diese acht Namen wurden in einem berühmten Gedicht von 1823 aufgelistet.

Zusammen mit anderen Bräuchen, die aus den USA in unsere Kultur schwappen, gelten die Rentiere auch bei uns inzwischen als Weihnachtsmaskottchen. Tatsächlich kommen Rudolph und Co. auch in Europa vor – sie lebten einst sogar in unserer Gegend. Als vor 10'000 Jahren die letzte Kaltzeit endete, wurden sie immer mehr in den Norden verdrängt und in den gemässigten Zonen vermutlich von Jägern ausgerottet.

Im hohen, hohen Norden

Kein grosses Säugetier dringt weiter in den Norden vor als das Rentier. Auf dem europäischen Festland existieren nur noch wenige wilde Exemplare. Dagegen gibt es grosse Herden, die als domestiziert bezeichnet werden – allerdings bewegen sich diese Tiere relativ frei, etwa unter der Obhut der Samen. Von den sieben Millionen Rentieren weltweit leben circa vier Millionen wild. Auf dem nordamerikanischen Kontinent ziehen die Karibus, wie sie dort genannt werden, noch in wilden Herden durch die Tundra.

Rentiere werden auch Ren genannt. In der Mehrzahl Rens, Rene oder Rener. Biologisch teilt sich das Ren in mehr als zehn Unterarten auf. Einige davon sind ausgestorben oder gelten als stark gefährdet, wie etwa das Peary-Karibu, das wegen seines weissen Felles bekannt ist.

Leben bei minus 40 Grad

Was den Winter angeht, macht man den Rentieren nichts vor. Sie weisen eine ganze Menge Eigenschaften auf, die ein Leben in monatelanger Dunkelheit, hohem Schnee und eisigen Temperaturen von bis zu minus 40 Grad ermöglichen. Sie verfügen über breite Hufe, die sich spreizen lassen, dadurch sinken die Rens im Schnee nicht ein. Mit ihrer Nase können sie die eingeatmete Luft vorwärmen.

Erstaunlich sind auch die Distanzen, die die Herden zurücklegen – bis zu 3000 Kilometer. Kein anderes Säugetier an Land ist dazu fähig! Sankt Nikolaus wusste schon, warum er sich keine Ponys vor den Schlitten spannte.

Simon Jäggi (41) ist Sänger der Rockband Kummerbuben und arbeitet im Naturhistorischen Museum Bern. Er schreibt jeden zweiten Freitag im Blick.

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