Kolumne «Geschichte» von Claude Cueni
Lasst uns gendern!

Mit ein wenig gutem Willen kann jede und jeder gendergerecht schreiben. Das ist leider eine naive Vorstellung. Das neue Gender-Lexikon verhunzt Sprache bis zur Unleserlichkeit.
Publiziert: 03.09.2021 um 00:00 Uhr
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Aktualisiert: 02.09.2021 um 21:27 Uhr
Gendern ist nicht leicht, findet die «auktorierende Person» Claude Cueni.
Foto: imago/Eckhard Stengel
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Claude CueniSchriftsteller

Das neue Gender-Lexikon ist da. Würde ich die gendergerechten Wortalternativen übernehmen, sähe mein Text so aus: Als «auktorierende Person» (bisher Autor) habe ich mich gefragt, wie man eine gendergerechte Version von «Der Spion, der aus der Kälte kam» betiteln könnte – «Die auskundschaftende Person, die aus der Kälte kam». In Erwägung zog ich auch einen Krimi um eine «Bank ausraubende Person» (Bankräuber) und entschied mich dann für einen «Mensch-in-Rüstung-Roman» (Ritterroman), eine Fortsetzungsgeschichte für «medienbeziehende Personen» (Abonnenten).

Die approbierte pharmazeutische Fachkraft leistete erste Hilfe

Ich borgte das «Fahrrad mit tiefem Einstieg» (Damenvelo) meiner «Eheherzperson» (Ehefrau). Leider rammte mich eine «qualifizierte, fahrzeugführende Person» (Berufskraftfahrer). Eine «approbierte pharmazeutische Fachkraft» (Apotheker) aus dem Geschäft gegenüber eilte mir zu Hilfe. «Beobachtende Personen» (Augenzeugen) filmten, wie ich über den Strassenpassierstreifen (Fussgängerstreifen) humpelte und bei einer «Lebensmittel verarbeitenden Person» (Koch), die einen Foodtruck betrieb, Cola mit Shrimps bestellte.

Der Betreiber war ein «Mensch mit internationaler Geschichte» (Einwanderer), spielte als «torhütende Fachkraft» beim FC Venceremos und war nebenbei eine «Produkt erzeugende Person» (Erzeuger), die bereits viermal erfolgreich produziert hatte. Wir unterhielten uns gerade darüber, ob es für das Wort «Bergführer» eine genderkorrekte Alternative gab, als sein Tesla-Reiskocher Feuer fing und wenig später eine «feuerbekämpfende Person» (Feuerwehrmann) seine Crevetten unter Wasser setzte.

Rassismus gegen weisse Männer wird zum Lifestyle

Auch das deutsche Gleichstellungsbüro des Auswärtigen Amtes empfiehlt die Gendersprache zur Umerziehung der Männer. Denn diese penisbehangenen Säugetiere sind sexistisch, Unterdrücker, schlechte Väter und noch schlechtere Ehemänner, kurzum: Männer sind Schweine. Und obwohl die Gender-Onanisten angeblich alle Menschen gleich behandeln wollen, führen sie eine Apartheid der Geschlechter ein und erkoren den Rassismus gegen weisse Männer zum Lifestyle.

Wie reagieren «Auktorierende» (Autoren)? Sie verhunzen ihre Texte bis zur Unlesbarkeit, denn jetzt zählt auch bei «Werkschaffenden der Sprache» nur noch die richtige Gesinnung.

Claude Cueni (65) ist Schriftsteller und lebt in Basel. Er schreibt jeden zweiten Freitag im BLICK. Zuletzt erschienen bei Nagel & Kimche «Genesis – Pandemie aus dem Eis» und «Hotel California».

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