Wo findet man Trost in dieser dunklen Zeit? Vielleicht bei der Zen-Meisterin Houn Jiyu-Kennett? Sie sah es nicht als Ziel, die Lasten leicht zu machen, die das Leben mit sich bringt. Im Gegenteil. Sie wollte sie schwerer machen, unerträglich schwer, so schwer, bis man bereit war, sie abzulegen.
Nun sind nicht alle im Buddhismus beheimatet, und entsprechend arbeiten die meisten emsig darauf hin, ihr Leben unter Kontrolle zu bekommen, was immer das heissen mag: ob materielle oder soziale Sicherheit, ein Haus zu bauen, einen Baum zu pflanzen, ob es darum geht, ein perfekter Vater, eine perfekte Partnerin zu sein, seine Obsession für rosa gestrichene Gartenzäune hinter sich zu lassen, oder darum, endlich das abenteuerlich wilde Leben zu leben, das man sich doch mal versprochen hat.
Immer glauben wir, ein besserer, froherer Mensch zu sein, wenn wir diese Oasen der Selbstbestätigung erreicht haben. So weit die Entlastungslösung.
Zu hoch gegriffene Ziele
Die Belastungslösung à la Houn Jiyu-Kennett hingegen betont, dass unsere Ziele sowieso zu hoch greifen: Glück? Sicherheit? Garantien? Ein Unwetter kann jederzeit einschlagen oder eine Bombe. Eltern sterben, Kinder sterben, Paare entlieben sich. Krebs kann einen behelligen, die Inflation, Covid oder eine Zecke, das Schicksal ist einfallsreich. Aber – hallo – wir auch!
Denn tatsächlich muss die nüchtern-brutale Feststellung, dass die Welt am Arsch ist, nicht notwendig lähmend wirken. Im Gegenteil, sie kann trösten und aktivieren. Ob dies auch gilt für all jene, die jetzt in der Ukraine gegen eine russische Übermacht kämpfen oder die Ukraine verlassen haben, um sich und ihre Kinder zu schützen, weiss man als behütete Schweizerin nicht. Aber was man wissen kann: Die vielen Menschen, die an Corona starben, sind bereits gestorben. Die Eisberge, die geschmolzen sind, sind bereits geschmolzen. Wir hatten einen Trump und jetzt haben wir Putin – alles schon geschehen, alles katastrophal.
Pragmatismus und Heiterkeit
Was tun? Wir wissen es nicht. Weder im Grossen noch im Kleinen. Die Bürde ist zu gross, also haben wir sie losgelassen. Und machen jetzt halt einfach, was wir machen können. Unser Versagen wird uns nicht am Weiterdenken hindern. Die Verzweiflung kann uns nicht mehr niederschlagen. Wir söhnen unsere Hilflosigkeit mit Pragmatismus aus und einer Heiterkeit. Alles wird gut.
Ursula von Arx glaubte nie, dass einen stark machen muss, was einen nicht umhaut. Aber woran soll man heute noch glauben? Sie schreibt jeden zweiten Montag im Blick.