Sie unterliegen einem Irrtum. Oder besser: Sie benutzen einen irrtümlichen Begriff. Ihr Kind ist nicht in der «Trotzphase», sondern es entdeckt seinen eigenen Willen und lernt, diesen zu äussern. Darin sollten Sie es unterstützen und fördern. Indem Sie sein selbstbewusstes Verhalten aber als Trotz abtun, als grundlos lästiges Verhalten also, vermitteln Sie ihm, dass seine Meinung keine Rolle spielt – eine fatale Botschaft für sein späteres Leben.
Und bevor jetzt alle rufen, das Leben sei kein Wunschkonzert, und ein Vierjähriger habe nicht zu bestimmen, wo’s langgeht: Darum geht es gar nicht. Sondern darum, dass wir unsere Kinder als Personen ernst nehmen und ihre Bedürfnisse als solche würdigen müssen – auch wenn diese uns manchmal nicht in den Kram passen. Schliesslich können unsere Kinder nichts dafür, dass wir sie gezeugt haben. Das war unsere Idee. Wir stehen
also in einer gewissen Bringschuld ihrem Willen und ihren Ansichten gegenüber.
Das heisst nicht, dass Ihr Sohn nun der Boss ist und Sie sich unterordnen – es heisst lediglich, dass Sie ihm das Gefühl geben, gehört und respektiert zu werden, wenn er etwas nicht will. Machen Sie ihm ein alternatives Angebot, dann kann er wählen (dass beide Alternativen auf dasselbe Ergebnis hinauslaufen, brauchen Sie ihm ja nicht zu verraten). Und lassen Sie ihm hin und wieder einfach seinen Willen. Wenn er bei Regen barfuss rauswill, soll er die Erfahrung machen, dass die Füsse dann kalt werden und Schuhe doch nicht so doof sind.
Indem Sie regelmässig bewusst nachgeben, wird Ihr Sohn auch eher kooperieren, wenn Sie sich mal durchsetzen müssen. Sein Nein ist letztlich ein Ja zu Ihrer Beziehung mit ihm – und zu jener mit sich selbst. Zeigen Sie ihm, dass er das Recht hat, etwas abzulehnen. Das wird ihm später sehr helfen.
