Drogen machen Angst. Sie symbolisieren Abhängigkeit, sozialen Abstieg und Gesundheitsgefahren. Drogen faszinieren aber auch, weil sie Reisen in bessere Welten versprechen – oder Leistungssteigerung. Wer welche Drogen konsumiert und warum, veränderte sich im Lauf der Jahrhunderte immer wieder.
Schon in der Antike kannte man den potenten Milchsaft unreifer Mohnkapseln: Opium. Das Luxusgut wuchs in Anatolien. Es war bekannt als Wundermittel gegen chronische Schmerzen und Schlafstörungen – berühmtester Konsument war Marcus Aurelius, der römische Kaiser himself.
Apotheker machten aus Drogen ein Geschäftsmodell
Drogen waren auch im Zeitalter von Kolonialismus und globalem Handel begehrt. Apotheker machten daraus ein Geschäftsmodell: Mit Rohstoffen aus aller Welt mischten sie Drogen und verkauften diese gleich selbst, vom karibischen Guajakholz bis zu Bezoarsteinen aus Indien. Doch nicht alle Rauschmittel waren reisefreudig: Kokablätter aus den Anden verloren auf der Überfahrt nach Europa ihre Wirkung – so blieben sie zunächst die Droge der versklavten Zwangsarbeiter in den Silberminen Südamerikas.
Opium fürs Volk gab es in Grossbritannien zur Zeit der Industrialisierung. Babys aus der Arbeiterklasse erhielten opiumhaltigen Kindersirup, damit sie schliefen und die Mütter am nächsten Morgen wieder in der Fabrik schuften konnten. Billig war das Zeug auch, eine Dosis kostete gerade mal einen Penny. Reihenweise Kinder wurden süchtig. Noch einfacheren Zugang zum Stoff hatten Ärzte. Sie konsumierten reines Morphin, das Opium der Gutbetuchten. Auch eine prominente Schweizerin wurde Anfang des 20. Jahrhunderts zur Morphinistin: die Unternehmertochter, Fotografin und Lesben-Ikone Annemarie Schwarzenbach.
Eine andere Droge machte von Basel aus weltweit Karriere: LSD. Albert Hofmanns Entdeckung wurde ab den 1950er-Jahren von ganz unterschiedlichen Gruppen zum Wundermittel erklärt: Die CIA wollte mit LSD Gehirnwäsche betreiben, Psychiater wollten damit «Wahnsinnige» heilen und Hippies die Welt verändern. Auf der Suche nach billigem Stoff und Selbstverwirklichung zogen Tausende auf dem Hippie-Trail von Marokko nach Indien. Die «herumsüchtelnden» Drogenschmuggler brachten aber vor allem Probleme in andere Weltteile. 1969 griff Nepal durch und jagte über 50 Hippies aus dem Land – ausgeschafft statt im erhofften Paradies.
In den 1980ern schaute ganz Europa erschrocken auf den Zürcher Platzspitz: Heroin-Junkies setzten sich vor aller Augen den nächsten Schuss, und manche starben in der Öffentlichkeit. Die Süchtigen denken nur an sich, glaubte man. Doch in der offenen Szene herrschten auch solidarische Strukturen: Die «Filterlifixer» tauschten saubere Spritzen gegen Heroinreste in Zigarettenfiltern – daher ihr Name – und bewachten die Habseligkeiten der Konsumierenden. Man dealte und konsumierte gemeinsam.
Ende der 80er kam der Techno und mit ihm das Ecstasy. Partynächte im Drogenrausch waren unpolitisches Freizeitvergnügen statt Gegenkultur: Der geregelte Job und das «Reset» am Wochenende gingen Hand in Hand. Drogen gehörten nun zur Work-Life-Balance mit dem Ziel der Selbstoptimierung – eine Art Vorläufer der Yogastunde in der Mittagspause.
Die Spur der Drogen führt in die weite Welt und wieder zurück, in ganz unterschiedliche Milieus: Reiche nahmen andere Drogen als Arme. Drogenkonsum war mal antikapitalistisch, mal unpolitisch, mal sozial, mal selbstbezogen – und der Handel mit Stoff schon immer gutes Business.