Direktor Severin Dressen erklärt
Hüben wie drüben

Severin Dressen (32) ist Direktor des Zoos Zürich und kennt die wilden Geheimnisse seiner Bewohner.
Publiziert: 09.06.2021 um 09:00 Uhr
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Aktualisiert: 09.06.2021 um 09:23 Uhr
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Severin Dressen sagt: Die unberührte Natur – sie ist heutzutage fast immer eine Wunschvorstellung.
Foto: Zoo Zürich
Severin Dressen

Nashörner grasen gemächlich vor sich hin. Dazwischen laufen Zebras und Antilopen umher. Menschen in Arbeitskleidung beobachten die Tiere. Ein Zaun hindert die Nashörner daran, zu weit wegzulaufen. In der Ferne ist das Geschnatter einer Schulklasse zu hören.

Nein – dieses Mal sind wir nicht in der Lewa Savanne auf dem Zürichberg, sondern im Lewa Wildlife Conservancy in Kenia. Denn was sich wie eine Schilderung aus unserem Zoo liest, ist heute auch in den meisten Nationalparks und Reservaten Realität. Die unberührte Natur – sie ist heutzutage fast immer eine Wunschvorstellung. Zoos und Nationalparks haben mehr und mehr den gleichen Job: den Schutz und das Management bedrohter Arten und Naturräume und die Menschen dazu zu motivieren, bei diesem Schutz zu helfen.

Natürlich gibt es Unterschiede. Die Menschen in Arbeitskleidung im Zoo tragen blaue Shirts und sind Tierpflegerinnen und Tierpfleger. Die Menschen in Arbeitskleidung in Kenia tragen Tarnfleck und Waffen und sind Wildhüter oder Ranger. Beide kümmern sich um ihre Schützlinge – besonders die Nashörner – quasi rund um die Uhr. Der Zaun in Zürich hindert die Nashörner daran, den Rest des Zürichbergs zu erkunden. Der Zaun in Lewa hält die Nashörner am Leben. Nur innerhalb des Zauns sind sie geschützt. Ausserhalb droht die Wilderei.

Bei der Schulklasse werden die Unterschiede fast unkenntlich. Rund 75'000 Schülerinnen und Schüler besuchen pro Jahr (Corona-Jahre beiseitegelassen) den Zoo Zürich, um etwas über Tiere, die Natur und ihren Schutz zu lernen. Viele von ihnen kommen hier zum ersten Mal in Kontakt mit Tieren. Ganz ähnlich in Kenia, wo Schulklassen von weit her nach Lewa fahren. Hier sehen viele kenianische Schülerinnen und Schüler zum ersten Mal ein lebendes Zebra und Nashorn.

Lewa ist eines unserer acht Naturschutzprojekte. Seit über 20 Jahren unterstützen wir unsere Partner in Kenia. Das Schutzgebiet Lewa beherbergt unter anderem grosse Gruppen der stark gefährdeten Grevyzebras und Spitzmaulnashörner.

Unsere Naturschutzarbeit in Lewa deckt ganz unterschiedliche Felder ab. Wichtig ist natürlich die «klassische» Naturschutzarbeit, also zum Beispiel der Kampf gegen die Wilderei. Dazu gehören die Saläre von Wildhütern, Gelder für die Instandhaltung der Infrastruktur wie etwa Zäune sowie die Finanzierung der Ausrüstung wie etwa Helikopter, um die Wilderei zu verhindern. Daneben gibt es weitere Projekte, die den Tieren helfen sollen. Zum Beispiel verhindern Unterführungen für Wildtiere unter den Autobahnen Unfälle zwischen Tieren und Autos – genauso wie bei uns. Verbindungen zwischen Schutzgebieten helfen den Tieren, sicher durch von Menschen dicht besiedelte Gebiete zu kommen, ohne mit ihnen in Konflikt zu geraten.

Die Menschen, die unmittelbar um Lewa wohnen, müssen Lewas Wert erkennen. Wenn sie nicht verstehen, was für eine wichtige Arbeit Lewa macht, warum sollten sie sich dann für den Schutz der Tiere einsetzen? Deshalb ist die Bildung – egal ob in Lewa Schweiz oder Lewa Kenia – so wichtig für den Erfolg unserer Arbeit. In Kenia investieren wir vor allem in Bildungsprogramme für Kinder und Frauen. In der Schweiz versuchen wir, alle mit unserem Anliegen zu erreichen.

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