Donald Trump ist impeached
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Wegen Ukraine-Affaire:Donald Trump ist impeached

BLICK auf die USA: US-Reporter Nicola Imfeld über die Anklage gegen Donald Trump und das Desinteresse der Amerikaner
Impeached! Aber niemand schaut zu

Jede Woche schreibt BLICK-US-Reporter Nicola Imfeld in seiner Kolumne über ein Thema, das jenseits des Atlantiks für Aufsehen sorgt. Heute geht es um die Anklage gegen Donald Trump und das Desinteresse der Amerikaner.
Publiziert: 20.12.2019 um 08:17 Uhr
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Aktualisiert: 20.12.2019 um 09:30 Uhr
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Nicola Imfeld, US-Reporter für BLICK
Foto: Nicola Imfeld
Nicola Imfeld aus San Diego (USA)

Donald Trump (73) ist impeached! Er ist der erst dritte US-Präsident in der Geschichte Amerikas, der vom Repräsentantenhaus angeklagt wird. Anders als Andrew Johnson (†66) im Jahr 1868 oder Bill Clinton (73) vor zwei Jahrzehnten kommt Trump diese unrühmliche Ehre in der ersten Amtszeit zuteil.

Historisch ist das Ereignis zweifellos. Politisch hochgradig relevant ebenfalls. Aber interessieren? Das tut das Impeachment von Donald Trump in den USA kaum.

Einleuchtend, dass der Normalbürger nicht die Zeit hat, eine neunstündige Debatte mitzuverfolgen. Verständlich, dass Politik nicht jedermanns Sache ist. Aber das Desinteresse der Amerikaner über dieses historische Ereignis ist erschreckend, obwohl nicht überraschend.

Die Themen am Tag der Impeachment-Abstimmung beim Mittagessen mit fünf Amerikanern: Das neue Auto des Nachbarn, die Ausbeute am Black Friday, Weihnachten und Greta Thunberg, die es aufs Cover vom «Time Magazine» schaffte. Impeachment? Kein Wort.

Impeachment hinter TV-Serie und Musiksendung

Es muss frustrierend gewesen sein, als Top-Demokratin Nancy Pelosi (79) am Donnerstag die Ratings der grossen Fernsehsender sah. Sie, die sich so lange gegen den linken Flügel ihrer Partei gewehrt hatte, im Zuge der Ukraine-Affäre aber letztlich nachgegeben und seither das Impeachment-Verfahren auf Gedeih und Verderb durchgepeitscht hatte.

Zuoberst auf dem Treppchen: «Survivor» – eine Fernsehserie. Der zweite Platz ging an die Musikshow «The Masked Singer». Und an dritter Stelle war die finale Impeachment-Abstimmung, die um kurz nach 20 Uhr Ortszeit – also zur Prime Time – über die Bühne ging.

Rund 11 Millionen Menschen schalteten sich im entscheidenden Moment auf CNN, MSNBC und Fox News zu. Gewiss: Das ist mehr als an anderen Tagen. Im Durchschnitt konsumieren 5,7 Millionen Amerikaner die News-Sendungen der grossen TV-Stationen. Aber ist es angesichts des historischen Ereignisses traurig, dass sich die grosse Mehrheit der Bevölkerung lieber eine Fernsehserie oder Musikshow zu Gemüte führte. Notabene im Zeitalter von Replay TV – auch in den USA kann man heutzutage alles zeitversetzt anschauen.

Darum interessiert das Impeachment nicht

Die Gründe? Einige Experten würden wohl sagen, es liegt an der Politikverdrossenheit der Amerikaner. Das ist sicherlich nicht falsch, obwohl es wohl mehr darum geht, dass die Menschen müde sind von der Person Donald Trump. Der Bürger kennt seinen Präsidenten, die meisten können ihn nicht ausstehen oder mögen ihn zumindest nicht.

Dass das Geschehen in Washington durchaus noch interessiert, zeigte sich in der hochgradig politischen Anhörung von Supreme-Court-Richter Brett Kavanaugh (54) im Herbst 2018. Dem von Trump nominierte Kavanaugh wurde vorgeworfen, in jungen Jahren die heutige Psychologie-Professorin Christine Blasey Ford (53) auf einer Party vergewaltigt zu haben. Über 20 Millionen schalteten bei der Zeugenaussage ein – doppelt so viele wie bei Trumps Impeachment!

Ein anderer Grund ist der offensichtliche Ausgang des Impeachments. Eine Kollegin hat das treffend erklärt: Es ist, wie ein Fussballspiel zu schauen, dessen Ausgang man bereits kennt. Sie hat recht: Sowohl die Anklage Trumps sowie der Freispruch im Senat waren respektive sind Formsache.

Was von diesem Impeachment also letztlich bleibt: Ja – es ist historisch. Ja – es haben trotzdem nur wenige zugeschaut. Und ja – die Demokraten haben ihre Pflicht erfüllt, indem sie Trump für dessen offensichtlichen Machtmissbrauch in der Ukraine-Affäre angeklagt haben. Aber traurige Tatsache ist eben auch: nobody cares.

Das bedeutet das Trump-Impeachment
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US-Reporter Nicola Imfeld:BLICK-Einschätzung zum Trump-Impeachment
Impeachment-Verfahren gegen Donald Trump

Zum dritten Mal in der Geschichte der USA hat das Repräsentantenhaus einen Präsidenten angeklagt. Im News-Ticker halten wir Sie über das Amtsenthebungsverfahren gegen Donald Trump auf dem Laufenden.

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