Liebe Fans von Donald Trump
Was für eine Woche! Die Demokraten lancieren ein Amtsenthebungs-Verfahren gegen Trump. Wegen einer geäusserten Forderung in einem Telefonat mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenski. Angeschwärzt wurde er von einem Geheimdienstmitarbeiter, der davon Wind bekommen hatte. Mittlerweile wurden ein Erinnerungsprotokoll des strittigen Telefonats und die Beschwerde des Informanten veröffentlicht.
Ich habe die Kommentare und Zuschriften gelesen, die ihr im Verlauf der Woche auf Blick.ch und in meinem E-Mail-Postfach hinterlassen habt. Ich bin mir bewusst, dass es in der Schweiz Leute gibt, die von Trump als US-Präsidenten überzeugt sind. In den USA gibt es prozentual noch viel mehr Menschen, die ihn unterstützen. Und das ist euer aller gutes Recht.
Aber nun müssen wir reden.
Zuerst will ich sagen: Ich bin bei euch, dass Trump von den Demokraten nicht immer korrekt behandelt wurde. Ich bin bei euch, dass nicht alles schlecht war, was der Präsident getan hat. Und ich bin bei euch, dass er in der Öffentlichkeit nie die gleiche Chance wie seine Vorgänger hatte.
Aber jetzt betrachten wir diesen Fall unabhängig von allem anderen.
Ich weiss, es ist verwirrend, wenn Trump einmal das sagt, und am nächsten Tag wieder das Gegenteil behauptet. Es ist auch irritierend, dass er ganz offen zugibt, Joe Biden mit dem ukrainischen Präsidenten besprochen zu haben. Und es im gleichen Atemzug als «völlig unproblematisch» abtut.
Aber lasst euch nicht täuschen. Stellt euch einfach diese simple Frage, die lediglich auf Fakten basiert, und beantwortet sie ehrlich:
Ist es okay, als Präsident der Vereinigten Staaten einen ausländischen Staatschef dazu aufzufordern, Ermittlungen gegen einen politischen Rivalen zu starten?
Joe Biden ist der aussichtsreichste Präsidentschaftskandidat bei den Demokraten. Das, was Donald Trump am 25. Juli gemacht hat, ist ein Musterbeispiel von Machtmissbrauch.
Das «Wiktionary» definiert Machtmissbrauch so: «Der Missbrauch einer Machtposition, um anderen Personen – über welche man Macht ausüben kann – zu schaden, sie zu schikanieren oder zu benachteiligen oder um sich selbst oder eigenen Günstlingen persönliche Vorteile zu verschaffen.»
Der Fall ist klar. Donald Trump hat seine Machtposition als Präsident ausgenutzt, um seinem politischen Konkurrenten schaden zuzufügen. Laut zahlreichen Rechtsexperten fällt Machtmissbrauch unter den Begriff «schweres Verbrechen». Ein Vergehen, das laut der US-Verfassung im Impeachment enden sollte.
Ob es taktisch eine kluge Idee der Demokraten war, ein Jahr vor den Wahlen ein Amtsenthebungs-Verfahren zu lancieren, bezweifle ich. Als Aufsichtsbehörde ist es aber die Pflicht des Kongresses, eben dies zu tun.
Unter diesen Umständen lobe ich Nancy Pelosi für diesen mutigen Schritt. Es war der einzig Richtige.
Herzlich, Nicola Imfeld
nicola.imfeld@ringier.ch