Es gibt verschiedene Arten, die Umwelt zu belasten. Es gibt industriellen und privaten Abfall, es gibt Auto- und Lastwagenabgase, es gibt Katastrophen nach einem auslaufenden Öltanker. Hier zeigt unsere Gesellschaft zum Glück eine wachsende Sensibilität, ein wachsendes grünes Bewusstsein. Aber es gibt auch akustische Umweltverschmutzung, das heisst: die Belastung von Tier, Mensch und Umwelt durch Lärm.
Durch Motorräder, Automotoren, Lastwagenmotoren, Flugzeugmotoren, Baumaschinen, Putzmaschinen, Waschmaschinen, Stereoanlagen, Heimkinoanlagen, Crosstrainer, Rasenmäher, Laubbläser. Tragbare Lautsprecher auf Spielplätzen, Sportplätzen, Marktplätzen, Bahnhöfen. Es gibt immer mehr Geräte und Maschinen in einer immer lauteren Welt. Hier zeigt die Gesellschaft jedoch keine wachsende Sensibilität, kein Bewusstsein für den zunehmenden Massenlärm, der grosse physische und psychische Schäden verursacht.
ETH entwickelt Lärmblitzer
Immerhin gibt es in der Schweiz einen Vorstoss, den die Aargauer SP-Nationalrätin Gabriela Suter kürzlich eingereicht hat. «Ich fordere die Einführung von Lärmblitzern und Fahrverboten für besonders laute Fahrzeuge», erklärt sie. Extra stark aufs Gas drücken und die Reifen zum Quietschen bringen, das soll künftig gebüsst werden. Im Moment werden an der ETH in Lausanne Lärmblitzer entwickelt.
Ich finde, das ist ein guter erster Schritt. Genau wie beim industriellen und privaten Abfall sollte die Lärmbelastung von Mensch, Tier und Umwelt stärker beachtet und allenfalls bestraft werden. Und da ich als Fan moderner Technologie an den Fortschritt durch Forschung glaube: Es sollte mehr investiert werden in die Forschung für geräuscharmen Verkehr, geräuscharme Industrie, geräuscharme Privatgeräte.
In der Ruhe liegt die Kraft
Der Theologe Romano Guardini (1885–1968) hat einmal gesagt, die Postmoderne werde vor allem eine Zeit des Lärms sein, eine Zeit ohne Ruhe und Stille. Ich kann nur hoffen, dass er sich irrt. Dass unsere Fähigkeit zum Fortschritt den Theologen in naher Zukunft widerlegen wird. Damit wir wieder so leben, wie Guardini es sich gewünscht hat: «Die Ruhe ist für das Werk, was die stille Erde für die Pflanzen ist. Sie gibt Kraft und Fülle und Dauer. Sie ist die Seele des Schaffens, macht es reich und fruchtbar.»
Giuseppe Gracia (53) ist Schriftsteller und Medienbeauftragter des Bistums Chur. Sein neuer Roman «Der letzte Feind» ist erschienen im Fontis Verlag, Basel. In der BLICK-Kolumne, die jeden zweiten Montag erscheint, äussert er persönliche Ansichten.