Ich sag’s, wie’s ist, wenn man sich gerade alkoholfrei durch den Monat schleppt. Man geht früh ins Bett, bringt vollen Einsatz bei der Arbeit, zerstreitet sich (fast) mit niemandem und tut sich und seiner Leber etwas Gutes. Aber kein Verzicht bleibt ohne Konsequenzen. Mit Alkohol: Gespräche mit der Freundin bei einer Flasche Wein, am Samstagnachmittag mit Freunden bei Sonnenschein am Zürichsee diverse degustieren, in einem Restaurant mit dem Partner ein Glas eines unbekannten Winzers bestellen, das vom Wirt offerierte Schlückchen Schaumwein probieren.
Als ob man selbst nicht schon genug darunter leiden würde, nicht dazuzugehören, kommt dann noch das kluge Volk und sagt Dinge wie: «Alkoholfrei während Corona? Spinnst du!» Oder: «Alkoholfrei im November? Spinnst du!»
Wäre etwa Dezember besser? Der Monat der melancholischen Rotweine und des lachenden Champagners? Erst wer eine Zeit lang nichts trinkt, merkt, dass er sich für null Promille rechtfertigen muss. Man kann nicht einfach so nichts trinken. Als Frau schon gar nicht. Denn: Ist die abstinente Person weiblich, ist sie schwanger.
Aber die Wahrheit ist oft banal. Es war viel. Im Lockdown. Und im Das-Leben-ist-fast-wieder-normal-Sommer, in den goldenen Herbsttagen. Also gönnt man dem Körper und Geist wieder mal eine Pause. So wie nach der Fasnacht und vor Ostern.
Dass die Pause bitter nötig war, merkt man, wenn man abends die kürzlich gekauften Weine begutachtet und sich wahnsinnig darauf freut, sie bald zu trinken. Oder auch wenn man in jedem Laden Ausschau nach alkoholfreien Biersorten hält und sich am Abend selbstverständlich «Bier ohne» ins Glas schenkt statt Wasser oder Tee. Tipp: Wenn man den kalten Malzsaft dann auch noch ins Weinglas kippt, schmeckt er besser!