Fix zur Gesellschaft
Warum ist Daten so kompliziert?

Wir wollen doch alle das Gleiche. Oder? Unsere Autorin fragt sich, warum es so schwierig ist, jemanden kennenzulernen, und warum ihre Generation in einer Bar Tinder braucht, anstatt «He, du gefällst mir!» zu sagen.
Publiziert: 19.01.2020 um 15:55 Uhr
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Aktualisiert: 26.02.2021 um 19:33 Uhr
Alexandra Fitz, stv. Leiterin SonntagsBlick Magazin
Foto: Thomas Meier
Alexandra Fitz

Wir stehen in einer Bar. Sie ist so anonym und austauschbar, sie könnte in jeder europäischen Stadt sein. Das ist exakt das Problem der heutigen Schänken. Aber das ist ein anderes Thema. Unser Thema an diesem Abend: Wie lerne ich Frauen kennen? (Ich bin an diesem Abend mit fünf Jungs unterwegs.) Was heutzutage unweigerlich mit der Dating-App Tinder zusammenhängt. (An alle älteren Semester und an all die, die Tinder nie genutzt haben: Tinder ist kein Monster. Tinder kann oberflächlich sein, muss es aber nicht. Tinder kann Menschen zusammenbringen. Für eine Nacht oder für unbestimmt. Tinder verheiratet, Tinder zeugt Kinder. Tinder nervt, Tinder tut weh, Tinder zeigt einem die Schattenseiten des Menschen. Man erfährt also all das, was man beim Daten ohnehin erfährt. Tinder-Erklärung fertig! Für den Moment zumindest).

Zwei der fünf halten mir nun ihre Smartphones vor die Nase und fragen: «Und? Was hältst du von meinem Profil?» Ich klicke mich durch die Fotos. Beim einen steht als Spruch unter seinen Bildern: «You like bad boys? Well, I'm bad at everything!» (Du magst böse Jungs? Nun, ich bin schlecht in allem!) Das finde ich witzig. Weil er sich damit selbst auf die Schippe nimmt.

Der Zweite hat gleich seine ganze Beschreibung komplett auf Englisch geschrieben. Warum, will ich wissen. «Keine Ahnung.» Wenn ein Deutsch-Muttersprachler in einer Stadt lebt, in der Deutsch gesprochen wird, finde ich es etwas prätentiös, Englisch zu schreiben. Das sage ich ihm.

Er fängt an zu swipen, das heisst, er schaut sich auf Tinder um. Wir sitzen aber grad in einer Bar. Um uns herum sind etliche Menschen. Reale Menschen. Ich bin der Meinung, dass Tinder eine gute Ergänzung ist bei der Partnersuche. Dass es kein Entweder-oder braucht. Aber ich bin auch dafür, dass wir uns wieder öfters ansprechen. Egal, ob in Bars, auf der Strasse oder bei der Arbeit.

Der andere Kollege erzählt mir nun von seinem letzten Date. Sie waren im Kino. Kino und Konzert sind bisschen schwierig, um sich kennenzulernen. Aber die Leute von heute wollen was erleben, wollen, wenn es schlecht läuft, trotzdem was vom Abend haben, oder vor lauter Schiss suchen sie ein Event statt nach eigenen Worten.

Später sind wir in einem Club, und der Kino-Tinder-Junge hat ein Mädchen gesehen, das ihm gefällt. Er will sie ansprechen. Im echten Leben! Was er zu ihr sagen soll, fragt er mich. «Sag ihr, dass du sie gut findest und kennenlernen möchtest!» Ich meine das eher als Witz und lache über meine Aussage. Schliesslich ist es 3 Uhr morgens in einer Disco. Aber er steht schon bei ihr – und kurze Zeit später wieder bei uns. Ob es matcht, hängt eben von ganz vielen Dingen ab – genau so wie bei Tinder.

Als ich den Club verlasse, steht der Kollege dann doch mit dem Mädchen an der Bar. Wie er das gemacht hat, erfahre ich hoffentlich das nächste Mal, wenn wir uns sehen.

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