Deutschlands China-Politik
Schlägt Baerbock einen neuen Kurs ein?

Publiziert: 12.12.2021 um 09:31 Uhr
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Alexander Görlach ist Honorarprofessor für Ethik und Demokratie-Experte. Er lebte unter anderem in Taiwan und Hongkong.
Foto: Hong Kiu Cheng
Alexander Görlach*

Deutschlands neue Bundesregierung ist vereidigt und beginnt mit ihrer Arbeit. Wie eine neue China-Politik der Ampel-Koalition aussehen wird, hat die neue Aussenministerin Annalena Baerbock bereits vor ihrer Amtsübernahme in einem Interview umrissen. In dem Gespräch mit der «Tageszeitung» warb sie für eine Werte-Allianz der demokratischen Staaten, um gemeinsam langfristig dem autokratischen China die Stirn bieten zu können. Die Botschaft der Volksrepublik in Berlin beschwerte sich daraufhin in einer Stellungnahme über die Aussagen der neuen Aussenministerin. Sie hätten das Potenzial, die chinesisch-deutschen Beziehungen zu schwächen.

Hinter den Kulissen aber dürfte man in Peking eher besorgt als bestürzt über einen möglichen Kurswechsel in der deutschen China-Politik sein. Frau Merkel hat in ihren 16 Regierungsjahren zwar immer wieder die furchtbare Menschenrechtslage in China kritisiert, gleichzeitig aber gehofft, dass sich das Land im Zuge wirtschaftlicher Zusammenarbeit und im Zeichen globalen Handels Schritt für Schritt zu einem guten Akteur auf der Weltbühne entwickeln würde.

Diese Hoffnung ist zerstört. Unter Präsident Xi Jinping ist China in eine Diktatur abgerutscht, in der ein gefährlicher Nationalismus kultiviert wird und Minderheiten und Menschen, die von einer Norm, die die Kommunistische Partei vorgibt, abweichen, massiv diskriminiert werden. Am schlimmsten wirkt der Völkermord an den Uiguren, einer muslimischen Minderheit in der nordwestlichen Provinz Xinjiang. Dort sind eine Million Menschen in Lagern eingesperrt, die KP überwacht Privathäuser, Restaurants und Moscheen, von Vergewaltigungen und Geburtenkontrolle ist die Rede.

Unter Aussenministerin Baerbock könnte die Bundesrepublik jetzt dem Vorbild der USA folgen und die ungeheuerlichen Verbrechen, die in Xinjiang geschehen, ebenfalls als Genozid, als Völkermord bezeichnen und damit Peking brandmarken. Annalena Baerbock hat auch einen Boykott für Produkte, die durch Zwangsarbeit in China hergestellt wurden, in den Raum gestellt. Auch das dürfte in Peking ein Grund zur Bestürzung sein. Durch diese Weichenstellung könnte sich in den Baerbock-Jahren eine Annäherung an die neue China-Politik anbahnen. Denn auch US-Präsident Biden forciert eine Liga der Demokratien.

Auch in Sachen Taiwan-Politik dürfte sich in Zeiten der Ampel-Koalition einiges tun. Peking betrachtet das benachbarte demokratische Inselland als sein Territorium und droht mit dem militärischen Einmarsch. Langfristiges Ziel Chinas ist es, nach der Eroberung Taiwans Konflikte mit den Philippinen, Japan und Korea um Inseln, von denen Peking behauptet, sie gehörten zu China, ebenfalls militärisch zu seinen Gunsten zu entscheiden. Damit will Peking den Westpazifik zu «seinem» Meer umgestalten.

Baerbock forderte in ihrem Interview, Europa möge eine gemeinsame Haltung gegenüber China verfolgen. Auch hierfür bietet sich Taiwan an, denn das Land ist einer der wichtigsten Handelspartner der Europäischen Union und der Bundesrepublik. Experten vermuten, dass die chinesische Armee in wenigen Jahren Taiwan erfolgreich einnehmen könne. Es wird auch an Frau Baerbock liegen, ob das verhindert werden kann.

*Dr. Alexander Görlach ist Senior Fellow am Carnegie Council for Ethics in International Affairs

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